In der neuen Folge unserer Podcastreihe „7 Fragen an“ unterhalte ich mich mit der neuen Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Internationales der FH Potsdam.
Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Semikolon-Podcasts „7 Fragen an“. Ich bin Niko und sitze heute mit Professorin Karin Schwarz, der neuen Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Internationales an der FH Potsdam.
Wir nehmen gerade alles nochmal neu auf, weil ich davor das Aufnahmegerät nicht richtig angemacht hatte. Äußerst peinlich!
Wir machen also Erfahrungen, wie es auch Erfahrungen in der Digitalisierung der Lehre und des Studiums gibt, und da läuft nicht immer sofort alles glatt!
Vielen Dank, dass Sie nochmal mitmachen.
Keine Frage!
Würden Sie sich kurz vorstellen?
Ich bin seit 2007 an der FHP, hatte damals erst eine Professurvertretung für Archivwissenschaft übernommen und bin seit 2012 ordentliche Professorin für Archivwissenschaft. Seit 2012 bin ich zunächst Prodekanin für Studium und Lehre im Fachbereich Informationswissenschaften gewesen, 2016 dann Dekanin. Und jetzt bin ich seit 1. Januar 2021 Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Internationales.
1. Wie war Ihr Werdegang? Wie sind Sie an der FHP gelandet?
Ich bin von Dortmund nach Potsdam gekommen. Das war damals ganz toll: Potsdam ist wesentlich schöner als Dortmund. Dortmund ist auch meine Heimatstadt, da hatte ich lange genug gelebt. Ich habe aber in Trier studiert, Geschichte, Kunstgeschichte und Politik. Dort habe ich auch promoviert und ein sogenanntes Archivrefendariat in Nordrhein-Westfalen daran angeschlossen, weil ich gerne Archivarin werden wollte. Dann habe ich in Nordrhein-Westfalen in mehreren Archiven gearbeitet. Einmal – das muss ich jetzt gerade erwähnen – hatte ich einen ganz tollen Auftrag. Da habe ich mehrere Wochen auf einem Wasserschlösschen gewohnt und dort einen Adelsnachlass verzeichnet. Und mittags hat immer die Gräfin für mich gekocht, das fand ich irgendwie ganz schön.
Und dann sind Sie Hochschullehrerin geworden?
Ja, dann bin ich Hochschullehrerin geworden. Das hatte ich eigentlich so nicht geplant, ich wollte ja Archivarin werden. Aber es hat mich immer schon gereizt, Informationen und Wissen weiterzugeben, deswegen bin ich auch Archivarin geworden. Informationen heraussuchen, bewahren, informieren – das ist mein Ding. Und da lag auch die Hochschullehre nah. Dann habe ich das gewagt, ohne, dass ich vorher großartig Lehrerfahrung gehabt hätte, aber das hat mir dann sehr viel Freude bereitet.
Ich gehe nochmal einen Schritt zurück. Sie waren davor ja selbst Studentin. Wie war Ihr Studium?
Mein Studium war toll, ich habe länger studiert als es eigentlich vorgesehen war, aber ich habe es in vollen Zügen genossen, weil ich sehr viel gelernt habe rein fachlich gesehen. Aber auch weil ich mich zum Teil mit Hochschulpolitik befasst habe und mich ehrenamtlich engagiert habe. In der Zeit habe ich gelernt, dass diese Studiumsphase sehr gut dafür geeignet ist, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, weil man in dieser Zeit einfach auch lernt, mit Umständen, die einem nicht gefallen, zurecht zu kommen und das Beste draus zu machen. Und man sich trotzdem seinem Ziel widmen kann und das auch erreichen kann. Persönliche Widerstände, aber auch hochschulische Widerstände musste ich da eben überwinden.
2. Von Studentin zur Archivarin zur Hochschullehrerin zur Professorin, schließlich zur Dekanin. Wie ist es dazu gekommen?
Mich hat immer die Neugier getrieben und irgendwie auch dieses Gefühl, dass ich das kann und dass ich das schaffe. Ich bin jemand, der nicht sein Leben lang ein- und dasselbe machen könnte. Die Aufgabe immer ein wenig zu verändern – ich werde sicherlich im Herzen immer Archivarin sein, das ist für mich keine Frage – aber die Kompetenzen, die ich in dem Fach erworben habe, immer wieder unterschiedlich anzubringen, das ist das, was mich motiviert. Und so ist es dazu gekommen, dass ich dann auch mal andere Wege gegangen bin, die ich mir vielleicht so erst gar nicht vorgestellt hatte. Denn ich arbeite nicht in einem Archiv, sondern inzwischen in einer Hochschule.
Was waren Ihre Highlights Ihrer Zeit als Dekanin?
Highlight war sicherlich einmal unser Umzug vom alten Campus am Alten Markt, wo wir noch in diesem alten, schrulligen Gebäude waren, zum aktuellen Campus mit diesem wunderbaren Außengelände. Highlight ist für mich auch immer die Unterstützung im Fachbereich gewesen, der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. Das manifestierte sich dann sehr nett in meiner Abschiedskarte, als ich das Dekanin-Amt verlassen habe.
Und was ich immer toll fand, war die Zusammenarbeit mit den Dekaninnen und Dekanen der anderen Fachbereiche. In meiner Dekanin-Zeit hat es sich sehr gut ergeben, dass wir als Dekan:innen zusammen-und nicht gegeneinander arbeiten . Und das habe ich sehr zu schätzen gewusst, muss ich sagen. Und ich glaube, das ist auch etwas, was für die Hochschule ganz toll ist, dass sich die Dekan:innen untereinander verstehen und nicht gegeneinander arbeiten. Das waren so meine Highlights, wenn ich mal so zurückdenke.
Was ich auch immer sehr gerne gemacht habe, war, die Bachelor-Urkunden zu überreichen bei der Übergabefeierlichkeit. Also zu sehen, wie Studierende es dann geschafft haben. Und man kennt sie oftmals schon seit dem ersten Semester, und manche entwickeln sich sehr stark in der Zeit. Das ist dann manchmal noch stärker, wenn sie ihr Masterstudium noch bei uns absolvieren. Das habe ich auch immer sehr gerne gemacht.
3. Und dann von der Dekanin des Fachbereichs Informationswissenschaften zur Vizepräsidentin für Studium, Lehre und Internationales. Wie kam es dazu?
Mich hat auch wieder die Neugier getrieben, muss ich sagen. Und dann habe ich mich einfach zur Wahl gestellt und habe gedacht: das probierst du jetzt auch noch aus. Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird. Ich erlebe die Hochschule jetzt wieder von einer völlig anderen Perspektive und das ist für mich eine Aufgabe, die nochmal ganz anders als die Aufgabe als Dekanin war. Ich bin gespannt, was ich noch bis zum Ende meiner etwas kürzeren Amtszeit entwickeln kann. Zu diesem Amt gehört rein organisatorisch gesehen das International Office, die Zentrale Einrichtung Digitale Lehre, die Zentrale Studienberatung und das sogenannte Qualitätsmanagement mit den ganzen Akkreditierungsverfahren und auch Evaluierungen in der Hochschule. In dem Portfolio bewegen sich dann auch die Themen, die ich bearbeite.
4. Sie haben also schon im Tagesgeschäft ziemlich viel zu tun. Haben Sie sich darüber hinaus noch konkrete Ziele für diese Zeit gesetzt?
Es gibt natürlich Dinge, die einen zunächst antreiben. Und dann muss ich mal gucken, was sich tatsächlich realisieren lässt in dieser kurzen Zeit, denn ich bin da auch an Situationen oder an Strukturen gebunden, die ich so vorfinde. Aber die Vorstellung, die ich so habe, ist Studium und Lehre aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Es gibt die Perspektive der Lehrenden und die Perspektive der Studierenden und beide verlangen nach guten Rahmenbedingungen.
Ich bin bestrebt, die Perspektive der Lehrenden nochmal stärker einzunehmen. Denn ich bin davon überzeugt, dass gute Lehre auch dazu führt, dass Studierende gute Bedingungen finden, um ihr Studium erfolgreich und natürlich auch wohlig absolvieren zu können. Und deswegen ist mir diese Perspektive ganz wichtig.
Auf der Seite der Studierenden ist man natürlich als Hochschulleitung immer schnell dabei, die Studierendenschaft als Ganzes zu sehen, denn wir sind ja seitens des Ministeriums oder des Landes angehalten, auf die Studierendenzahlen zu achten. Aber ich denke, wie es den einzelnen Studierenden geht, ist nochmal ein ganz wesentlicher Aspekt. Dieser führt dazu, dass ein:e Studierende:r das Studium gut bewältigen kann und nicht nur einen schönen Campus hat, sondern eben auch gute Arbeitsbedingungen, gute Aufenthaltsbedingungen hat und dazu auch gut beraten werden kann. Es gibt immer sehr individuelle Situationen und da bin ich bestrebt, die Zentrale Studienberatung auf die Beratung der Studierenden auszurichten, das steht entsprechend an.
Studierbarkeit wird ja vonseiten der Politik gesehen, dass man innerhalb der Regelstudienzeit sein Studium erfolgreich absolviert (plus zwei Semester). Aber wenn wir mal danach schauen, was studieren wirklich bedeutet, dann muss man einfach sagen: das Studium ist auch die Zeit, wo Studierende ihre Persönlichkeit entwickeln und dafür auch ihre Zeiträume brauchen. Regelstudienzeit heißt ja, eine 40-Stunden-Woche zu haben. Und das glaube ich, setzt kaum ein:e Studierende:r um. Da ist natürlich die Frage, was kann man tun? Und was kann man vor allem als Hochschulleitung tun?
Wir müssen einerseits als Hochschulleitung darauf achten, dass wir die Möglichkeiten für diese Studierbarkeit schaffen. Andererseits ist die Frage: was können wir dafür tun, um die Bedingungen für die Studierende zu verbessern, damit sie trotz anderer Belastungen möglichst gut studieren können, möglichst in der Regelstudienzeit? Und da ist ein Aspekt, dass die Prozesse, die bei uns an der Hochschule ablaufen, einfach gut laufen. Dass Studierende nicht gebremst werden im Studium. Andererseits bedeutet es aber natürlich auch, dass man als Lehrende:r schaut, wie geht es den Studierenden während des Studiums, kommen sie gut zurecht mit dem Seminar?
Und ich denke, da ist jede:r Lehrende:r angehalten, zu schauen: ist das richtig so, wie ich gerade lehre? Schaffen die Studierenden das? Gibt es vielleicht andere Möglichkeiten, die Inhalte und die Kompetenzen beizubringen? Ich denke, das ist ein ständiger Austausch, der dafür notwendig ist. Aber dafür brauchen auch die Lehrenden entsprechend ihre Möglichkeiten und deswegen finde ich die Rahmenbedingungen für die Lehrenden wichtig und auch eine Voraussetzung für die Studierbarkeit des jeweiligen Studiums der Studierenden.
Und dann gibt es natürlich solche Sachen wie Digitalisierung der Lehre. Das ist unbenommen etwas, was uns in den nächsten Jahren und auch ganz aktuell sehr stark beschäftigen wird. Ich habe mit den anderen Fachhochschulen des Landes einen Verbundantrag für ein Lehrprojekt eingereicht, mit dem wir virtuelle Labore und virtuelle Exkursionen als digitales Lehrangebot aufbauen wollen. Verbunden mit entsprechenden Online-Prüfungen und so weiter. Das ist jetzt nur eine ganz kleine Facette – zur Digitalisierung der Lehre gehört natürlich noch wesentlich mehr dazu – aber das ist ein großes Thema.
Was ich noch nicht angesprochen habe ist der Bereich der Internationalisierung. Da sollten wir als Hochschule zusehen, dass sich Internationalisierung bei uns in der Fläche breit macht, also nicht nur punktuell in manchen Studiengängen, bei manchen Professor:innen aufgehängt ist, sondern, dass wir im Grunde genommen alle aus der Hochschule darin mitnehmen, auch die Mitarbeiter:innen der Verwaltung. Wir haben mit dem sogenannten Int’lFlex-Projekt gute Voraussetzungen und Mittel, mit denen wir niedrigschwellige Angebote und Möglichkeiten aufbauen können. Der Projektantrag stammt noch aus der Amtszeit meiner Vorgängerin, Frau Prof. Godau. Wir können ab diesem Jahr gut davon profitieren.
Das sind erstmal langfristig gedacht die Ziele, und dann muss man gucken, was man wirklich in dieser etwas kürzeren Amtszeit tatsächlich umsetzen kann. Aber ich will das auf jeden Fall auf den Weg bringen und da schon Marken setzen.
5. Sie beginnen Ihre Amtszeit mitten in der Corona-Pandemie, die den Hochschulalltag enorm verändert hat. Wie wird denn die Lehre nach der Pandemie aussehen?
Anders. Ich glaube, selbst wenn wir wieder ganz normal an den Campus in Präsenzlehre zurückkämen, wäre auch die Präsenzlehre anders. Sie wird deutlicher angereicht durch digitale Werkzeuge. Wir haben mit der Pandemie einerseits erstmal die negativen Folgen zu tragen, dadurch, dass wir den sozialen Lernort zurzeit verloren haben. Andererseits führt uns das dazu, dass wir uns jetzt deutlicher mit der Digitalisierung der Lehre befassen müssen. Und das reizt uns letztendlich dazu, dass wir diese digitalen Lehrwerkzeuge auch entsprechend anwenden müssen.
Ich denke, das wird auch zu einem Schub führen, der deutlicher dazu führen wird, dass wir Studieren und Lehren auch flexibilisieren können, also etwas entkoppeln können von Ort und Zeit. Das Ganze müssen wir natürlich beobachten, dass es sinnvoll geschieht. Aber das wird uns an vielen Stellen weiterbringen und die Lehre und das Studium grundlegend verändern. Ich würde mal sagen, unser Handlungsraum, unser Gestaltungsraum ist durch die Digitalisierung weiter geworden.
6. Wenn Sie sofort etwas verändern könnten, was wäre es?
Also sofort ändern würde ich natürlich gerne, dass wir alle wieder am Campus lehren und studieren können. Das ist glaube ich keine Frage. Und natürlich habe ich auch viele formale Dinge im Kopf, die sich ändern müssten, die wir regeln müssten und so weiter. Aber wenn ich jetzt mal davon ausgehe, was visionär wäre, was ich gerne sofort ändern würde, dann wären es die räumlichen Bedingungen an der Hochschule. Ich glaube Raum ist etwas, was uns viel mehr beschäftigen sollte oder eine Grundvoraussetzung ist, als wir uns zurzeit vorstellen.
Wenn ich etwas sofort ändern könnte, dann wäre es ein zusätzliches, schönes Gebäude. Dann wäre es eine Ausgestaltung der Häuser mit wesentlich besserer Aufenthaltsqualität. Ich glaube, wenn wir mehr darauf schauen, wie Räume gestaltet sind, dann könnten wir es schaffen, dass vor allen Dingen Möglichkeiten geschaffen werden, dass über die Statusgruppen und Fachsemester hinweg Personen mehr zusammenkommen und zusammenarbeiten können. Also Stichwort Co-Working-Spaces. Aber nicht nur der Co-Working-Space für die Studierenden und ein Co-Working-Space für ein Forschungsprojekt und dann vielleicht nochmal für Lehrende, sondern Co-Working-Spaces, die verschiedenste Arbeitsplätze haben, die unterschiedlich gebucht werden können, sodass wir eine viel stärkere Durchmischung erreichen können.
Ich denke, das würde unserer Fachhochschule gut anstehen, denn wir würden damit die Interdisziplinarität, die Internationalisierung, die Zusammenarbeit generell zwischen verschiedenen Kulturen fördern. Wir sind eine heterogene Hochschule, und das ist kein Nachteil, sondern ein Vorteil. Weil wir dadurch eben das Bunte, das Heterogene zusammenbringen können. Ich halte es im Studium und auch in der Lehre für wirklich wichtig, dass man sich im eigenen Fach verortet, aber auch zu den anderen Fächern, zu den anderen Kulturen. Und sich als Student:in sicherlich auch zu den Studierenden anderer Hochschulsemester verortet. Das würde ich gerne ändern. Also die Vorstellung, hier solche Co-Working-Spaces zu haben, Räumlichkeiten zu haben, wo das gelingt, das fände ich sehr schön.
7. Und jetzt noch ein paar kurze Fragen.
Was tun Sie, wenn Sie nicht gerade mit der Lehre oder mit Ihrem Amt beschäftigt sind?
Dann fahre ich viel Fahrrad, wandern, Stand-up-Paddling, schwimmen – also Bewegung ist ganz wichtig, auch in Homeoffice-Zeiten. Und was ich auch gerne bewege ist mein Gehirn: ich spiele sehr viel Klavier und das ist für mich immer ein wunderbarer Ausgleich. Das ist das, was ich in meiner Freizeit mache. Daneben habe ich sehr viele ehrenamtliche, auch politische Tätigkeiten. Das mache ich, wenn ich nicht lehre oder in meinem Amt tätig bin.
Gibt es ein Mensagericht, das sie vermissen und sofort wieder essen würden, wenn die Mensa wieder aufmacht?
Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber ich würde mich auf jedes Essen aus der Mensa freuen, wenn ich wieder draußen auf dem Campus mit allen möglichen Leuten zusammensitzen und mich austauschen könnte.
Gibt es etwas, was Sie nicht mehr hören können?
Ich glaube in diesen Zeiten das Unwort des Jahres 2020, nämlich „Mikro an“. Und das zweite, was ich nicht mehr hören kann: „In welchem Kanal, in welchem virtuellen Raum treffen wir uns?“.
Möchten Sie noch etwas loswerden?
Ich danke für das Interview. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und mir vor allen Dingen nochmal die Möglichkeit gegeben, manche Themen nochmal neu zu reflektieren und darüber nachzudenken.
Vielen Dank!