Ein Kulturarbeiter regt sich über Filme auf (Beitragsreihe)
Es ist winterlich geworden. Nur noch ein paar Wochen bis zu den Feiertagen! Die Festtage kommen und eine besinnliche Atmosphäre stellt sich ein. Und was ist in so einer Zeit das wichtigste? Genau, Filme! Oder was dachtet ihr denn?
Glücklicherweise bietet das Casino auch im neuen Jahr wieder wunderbare Filmabende. Schaut da mal rein, da sind tolle Filme dabei! Aber bis im Januar sind wir wohl alle auf uns alleine gestellt. Also auf liebe Kommiliton*innen – lasst uns auf die warme Couch begeben und einen gesitteten Filmabend veranstalten!
Leider wird viel zu viel Positives über Filme geschrieben. Deswegen führen wir (oder ich, der Autor und neues Redaktionsmitglied – hi) bei Semikolon diese Beitragsreihe ein. Beiträge, die mal so richtig über Filme herziehen können. Und wer könnte das besser, als ein Student der Kulturarbeit, der von der Filmuni Babelsberg abgelehnt wurde? Ach ja, stimmt, wer im Glashaus sitzt …
Jedenfalls kann ich jetzt aus meiner professionellen kulturwissenschaftlichen Sichtweise eine qualifizierte Meinung zu Filmen abgeben. Ich verbitte mir jeglichen Humor hier! Glaubt ja nicht, dass ihr hier auch nur einen klitzekleinen Witz finden werdet, ihr Kulturbanausen! Ist ja schließlich KulturARBEIT und nicht KulturSPAß.
Hier kommt er – der Film, den ihr euch zuhause bitte NICHT in an den Feiertagen anschaut. Falls doch, dann beichtet hier in den Kommentaren!
„Tatsächlich… Liebe!“
Diesen Film schaue ich jede Weihnachten an. Und zwar nicht aus Freude, sondern aus Zwang! Irgendein Gefühl zieht mich jedes Jahr wieder an zu diesem Film. Richard Curtis hat den Film geschrieben und Regie geführt. Ein Episodenfilm über verschiedene Personen in England in der Weihnachtszeit. Am Anfang sieht man Menschen am Flughafen Heathrow, die sich freudig umarmen. Kitschalarm! Dabei auch noch eine sexy Hugh-Grant-Stimme, die darüber spricht. Da wird einem trotz Winter warm und man möchte ihn direkt zu sich nehmen und mit unter die Decke … aber nein lassen wir das.
Es startet in die Szenen mit einer Tonstudioaufnahme von Bill Nighy, der einen heruntergekommenen Rockstar darstellt. Leider schafft er es nicht das Wort „Love“ (Liebe) durch das Wort „Christmas“ (Weihnachten) in seinem Song zu ersetzen. Als es dann doch gelingt, wird der Song auf wundersame Weise ein Hit. Eine messerscharfe Analyse unserer Zeit – ein alter weißer Mann macht irgendwas, was er schon 100-mal gemacht hat und wird dafür in den Himmel gelobt. Schon mal ein großes Ausschlusskriterium im feministischen Diskurs, also kann man sich an diesem Punkt schon mal von dem Film verabschieden.
Colin Frissel, der von Kris Marshall gespielt wird, ist auch so eine typisch heteronormative Rolle. Der Typ, der jede Frau mit einem anzüglichen oder ekligen Over-the-top Kompliment anmachen will. Heutzutage würde so ein Kerl im Internet nach Videos suchen, die ihm Tipps fürs Flirten versprechen. Aber der Film spielt ja im Jahr 2003. Deshalb ging das noch gar nicht so wirklich. Er denkt also, dass er aufgrund seines englischen Akzentes attraktiv ist für Amerikanerinnen. Was für ein Klischee! Viel schlimmer: Das Klischee bestätigt sich, die Frauen fallen über ihn her.
Die Vorhersehbarkeit in dem Film ist auf keinen Fall komisch oder macht einen Reiz des Filmes aus. Nein, der Film macht sich so selbst kaputt. Die nächste Rolle: Hugh Grant spielt den Premierminister von England auf seine hugh-grantige Art; also schüchterner aber doch super charmanter Typ. Wahnsinn. In so einer Rolle hat man ihn noch nie gesehen (doch hat man). Nathalie ist seine Assistentin, in die er sich verliebt. Auch eine sehr innovative Idee (dachte sich vielleicht auch Julian Reichelt). Am Ende kommen sie zusammen, happy end. Ja und das war’s eigentlich auch schon. Die anderen Figuren sind ziemlich uninteressant.
Rowan Atkinson, der Mr. Bean-Darsteller, spielt auch mit. Aber es ist total unspektakulär, wie er es schafft immer wieder die Situationskomik herzustellen, die es für bestimmte Szenen einfach braucht. Oder Bilbo Beutlin, ähm ich meine Martin Freeman spielt mit. Er hat eine Partnerin auf Augenhöhe gefunden und zwar beim … Pornodreh! Schon wieder diese Anzüglichkeiten im Film – schrecklich. Professor Snape aus Harry Potter, Alan Rickman, ist mit von der Partie als (fast?) untreuer Ehemann. Die Geschichte ist so langweilig, die erzähle ich euch gar nicht erst.
Und die Geschichte über zwei Menschen mit unterschiedlichen Sprachen, die für ihre Liebe um die Welt reisen kommt auch vor. Hat man aber bestimmt schon tausendmal gesehen. Zum Beispiel bei Romeo und Julia. Oder so. Kam bestimmt mal irgendwo vor. Ach so und Homosexualität kommt in dem Film auch vor. War aber 2003 glaube ich schon Standard.
Also als Fazit: Schaut euch diesen Film bitte alle an. Ähm NICHT an, ich hab das Wort in der Mitte vergessen sorry. Also schaut ihn euch bitte nicht an. Ich sitze dann diese Weihnachten mit meiner Familie da, versuche dem Drang zu widerstehen, diesen Film anzumachen; doch am Ende wird er wieder auf der Leinwand zu sehen sein.
Wie jedes Jahr. Schöne Feiertage euch allen!