Es ist jetzt so weit: Alle Projekte vom Studiengang Kulturarbeit aus dem Jahr 2022 wurden in die Tat umgesetzt. Da lohnt sich ein Rückblick auf den Tag der Projekte, die Kulturfusion.
Samstag, 09. April 2022, 10:49 Uhr. Um diese Zeit am Campus der FH zu sein, ist für mich mehr als ungewöhnlich. So ausgestorben und verlassen, wie ich mir den Campus vorgestellt habe, liegt er in der kühlen Morgensonne allerdings nicht da. Die ersten Studierenden, auf die ich treffe, warten draußen auf den Beginn einer Blockveranstaltung.
Vor Haus 2 treffe ich auf größtenteils bekannte Gesichter aus meinem Studiengang, die zu derselben Veranstaltung möchten wie ich: Die Kulturfusion, ein Netzwerktreffen für Projekte des Studiengangs Kulturarbeit, organisiert von Facetten der Kulturarbeit e.V.
Facetten der Kulturarbeit e.V.
- Vereinsgründung 2010 als Ergebnis einer Alumni-Tagung eines Seminars im Studiengang Kulturarbeit = praktisch selbst ein Projekt
- Netzwerkverein der Kulturarbeit aus Studierenden, Lehrenden, Alumni und Kulturschafffenden
- Ziel: Förderung von künstlerischer und kultureller Bildung
- Vernetzung von Studierenden und Alumni, Verknüpfung von Lehre mit Berufspraxis, Realisierung von Projekten und bspw. Unterstützung als Projektträger, Webinare/Veranstaltungen
Anlässlich der Veranstaltung kommen wir ins Gespräch über unsere eigenen, studieninternen Projekte, die wir im vergangenen Jahr im Rahmen des Projektmanagement-Moduls realisiert, durchgeführt und ausgewertet haben. Schon damals habe ich aus Neugier andere Projekte besucht, die sehr unterschiedlich waren. Ich stelle fest, dass die Frage, ob die Projekte weitergeführt werden sollen, bei vielen irgendwann aufkommt und sich jede Projektgruppe damit auseinandersetzt. Vor diesem Hintergrund bin ich gespannt darauf zu erfahren, was aus einem studentischen Projekt werden kann, wie diese sich weiterentwickeln können und beispielsweise zu einer eigenen Institution mit fest angestellten Mitarbeiter*innen werden.
Nach diesem einstimmenden Gespräch geht es zum Kulturarbeitsraum in Haus 2, dem heutigen Veranstaltungsort. Dort erwartet allen Teilnehmenden bereits im Flur der Anblick auf das Buffet für den geplanten anschließenden Brunch. Die Sessel und Sofa im Kulturarbeitsraum schaffen eine gemütliche und entspannte Atmosphäre, in der es sich frei unterhalten und austauschen lässt. An den Wänden hängen immer noch Plakate, die Werbung für Projekte der letzten Jahre machen. Auch der eine oder andere Sticker hat sich hier verirrt. Für heute wurde ein Materialtisch aufgebaut, auf dem die eingeladenen Projekte Infomaterial, Flyer, Sticker etc. bereitgestellt haben. Außerdem haben die Kulturarbeits-Studierenden, die in diesem Jahr ihre Projekte umsetzen, Infos und Kontaktdaten auf einer White-Board-Tafel verewigt.
Nachdem immer mehr Kulturarbeiter*innen eingetrudelt sind, begrüßt und eröffnet Facetten gegen 11:30 Uhr die Veranstaltung. Los geht es mit einer kurzen Vorstellungsrunde der 6 eingeladenen Projekte: „Sub.texte“, „Furora Film Festival“, „Kultür“, „Localize“, „Wir erinnern“ und „re*action“. Jedes Projektteam erzählt seit wann es existiert, was die Idee ist, von aktuellen Entwicklungen und Veranstaltungen sowie teils von der Organisation und Arbeitsweise.
Die Bandbreite an Projekten ist dabei verschieden: So handelt es sich bei „re*action“ und „Wir erinnern“ um Projekte, die noch nicht in die Tat umgesetzt wurden und noch in Planung sind. „Sub.texte“ und das „Furora Film Festival“ dagegen existieren seit ein paar Jahren, während „Kultür“ und „Localize e.V.“ schon fest etablierte Kultureinrichtungen sind. Für genügend Abwechslung ist also gesorgt. Die Teilnehmer*innen der heutigen Veranstaltung lauschen jedenfalls alle interessiert, ohne allzu viele Fragen zu stellen.
Nach der Vorstellungsrunde wird das Buffet eröffnet und einige angeregte Gespräche beginnen. Jetzt werden all die Fragen gestellt, die man sich in der großen Runde zuvor nicht getraut hat zu äußern oder die einem*einer während des intensiveren Kennenlernens des Projekts einfallen. Von den etwa 20 Anwesenden sind abgesehen vom Facetten-Verein und den Projektvorstellenden vor allem Student*innen aus dem 2. Semester da, die gerade am Anfang des Projektmanagement-Seminars stehen und dort in der Ideenfindungsphase stecken.
Es entstehen kleine Gruppen rund ums Buffett im Flur und im Kulturarbeits-Raum, die sich ab und zu wieder neu bilden und durchmischen. Das Buffett zum Brunch aus Brezeln, Crossaints, Weintrauben und Äpfeln sowie verschiedenen Getränkemöglichkeiten wie Kaffee, Tee und Säfte stellt eine willkommene Stärkung bereit und lädt zum Verweilen ein. Da letztlich doch einiges übrigbleibt, sind alle dazu angehalten, noch etwas mitzunehmen. So gegen 14 Uhr ist schließlich auch die letzte Teilnehmerin (schuldig!) verschwunden und die diesjährige Kulturfusion findet ein Ende.
(Fun) Fact: Im Jahr 2019 hat Facetten der Kulturarbeit e.V. bereits die erste Kulturfusion veranstaltet. Damals sollte es darum gehen, die Studiengänge Kulturwissenschaften an der Universität Potsdam und Kulturarbeit an unserer Fachhochschule miteinander vertraut zu machen und zum Netzwerken einzuladen. Dies ist grundsätzlich auch die Intention hinter der diesjährigen Kulturfusion gewesen. Immerhin ist das Projekt „Wir erinnern“ eins, das von der Uni kommt. Aber durch die Integration von Projektmanagement ins Studium an der Fachhochschule ist bei uns das Aufkommen von Projekten vermutlich wesentlich höher.
Was ich also aus diesem Netzwerktreffen der Projekte als etwas Bemerkenswertes mitnehme, ist das große Engagement und die hohe Bereitschaft, viele der studieninternen Projekte auch nach abgeschlossenem Seminar noch weiterzuführen. Die Projekte werden also oft als mehr als eine reine Prüfungsleistung angesehen. Ich würde mir eine Wiederholung dieser Veranstaltung für das nächste Jahr wünschen und kann euch nur empfehlen auch vorbeizuschauen.
Die Projekte
SUB.TEXTE – Kampf um Freiräume
Entstehung: studentisches Filmprojekt von 9 Student*innen aus dem letzten Jahr mit Filmpremiere am 11.06.2021 im Waschhaus Potsdam (ca. 400–450 Besucher*innen) und weiteren Filmvorführungen, u.a. bei uns auf dem Campus. Träger des Projekts ist übrigens Facetten der Kulturarbeit e.V. gewesen.
Projektidee: Gemeinsam mit Filmstudierenden der SAE Berlin haben Sie einen Film produziert, der sich mit der sub- und alternativen Kulturszene in Potsdam auseinandersetzt. Ziel dieses Dokumentarfilms ist es, vor dem Hintergrund der Potsdamer Stadtgeschichte mit ihrer historischen Kulisse und der touristisch vermarkteten, preußischen Vergangenheit, Projekte und Initiativen aus den Hausbesetzungen der 1990er Jahre sichtbar zu machen, da diese oft untergehen bzw. eben „nicht sichtbar sind“.
Aktuelles: Der Film lässt sich jetzt sowohl über YouTube (mit englischen Untertiteln) als auch kostenlos über das Filmmuseum Potsdam streamen, wobei dem Projektteam ein einfacher und günstiger Zugang wichtig war. Zudem sind das Engagement und das Interesse des Teams, mehr zu tun, da. Sie haben beispielsweise noch mehrere Stunden an nicht verwendetem Filmmaterial, das nicht ausgeschöpft wurde und vielleicht noch genutzt werden könnte. Zurzeit läuft eine Weiterarbeit am Projekt aber eher nicht, da viele der Projektmitglieder im Ausland sind.
Links
Website: sub-texte.wixsite.com/potsdam
Facebook: facebook.com/SUBTEXTEPotsdam
Instagram: @sub.texte
zum Film: youtube.com/watch?v=z4fgm9ell9s
Furora Film Festival
Entstehung: Ein studentisches Projekt aus dem Jahr 2018 mit damals noch 9 Mitgliedern, heute ein hauptsächlich dreiköpfiges Team, das z. T. später dazu gestoßen ist; 2018 waren es ca. 300 Filmbesucher*innen und 50 Teilnehmer*innen am Rahmenprogramm.
Projektidee: Ein Filmfestival mit Workshops, Talks, Brunch etc. und natürlich Filmvorführungen, das als Plattform für alle am Beginn ihrer Karriere Stehenden zur Vernetzung dient. Das heißt Filmemacher*innen sind willkommen, egal ob sie erst Student*in, Absolvent*in oder Berufsanfänger*in sind. Dabei versteht sich das Furora Film Festival als international und queerfeministisch und will Vernetzung, Gleichberechtigung und Nachwuchs fördern. Besonderer Fokus liegt auf Frauen* in der Filmbranche.
Aktuelles: Nach 2019 und einer coronabedingten Pause soll in diesem Jahr das 3. Festival stattfinden, das seinen Schwerpunkt auf dekolonialen Ansätzen hat. Außerdem wurde der FIBRA Frauenverein e.V. gegründet, der das ganze trägt (Furora als Name gab es leider schon). Da sie ein kleines Team sind, freuen sie sich auf Unterstützung – gerade im Bereich von Finanzen, Verwaltung und Social Media.
Links
Website: furorafestival.de
Facebook: facebook.com/furorafilmfestival
Instagram: @furorafilmfestival
Kultür
Entstehung: 2013 von Alumni gegründet, inspiriert aus der Idee der „Kulturloge“ von Christine Krauskopf und der Gründung einer ähnlichen Initiative 2010 in Marburg.
Projektidee: Menschen mit geringem Einkommen soll kostenfrei ein Besuch von Kultur‑, Sport- und Freizeitveranstaltungen ermöglicht werden. Dabei stellen die sogenannten Kulturpartner*innen Eintrittskarten zur Verfügung, die von Kultür an bei Ihnen registrierte Gäste und soziale Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Flüchtlingshilfen u.v.m. verteilt werden, sodass eben diese Gäst*innen am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in Potsdam teilnehmen können.
Inzwischen haben sie 7.390 registrierte Gäst*innen sowie mehrere Sozialpartner*innen, über 150 Kulturpartner*innen, obwohl sie aus 4 hauptamtlichen Mitarbeiter*innen und etwa 30 Ehrenamtlichen bestehen.
Aktuelles: Kultür kann immer gut Unterstützung gebrauchen, sei es von Kultur‑, Sozialpartner*innen oder jemand, der ehrenamtlich helfen möchte. Am 19.04.2022 hat beispielsweise eine Kernlernrunde über Zoom stattgefunden.
Links
Website: www.kultuer-potsdam.de
Facebook: facebook.com/kultuerpotsdam
Twitter: twitter.com/kultuerpotsdam
Instagram: @kultuerpotsdam
YouTube: youtube.com/channel/UCr3sDUTp7UinjTCRg8AfYTA/videos
Localize in Potsdam
Entstehung: Seit 2008 existiert Localize in Potsdam, der Verein wurde im Folgejahr gegründet.
Projektidee: Localize organisiert Festivals zu Stadt, Kultur und Kunst mit jährlich wechselnden Themen. Es geht um die Auseinandersetzung mit dem städtischen Raum im Wandel, Zwischenräumen für Gestaltung und Potentiale von Partizipation. Ziel ist es dabei, verschiedene urbane Räume für zeitgenössische Kunst zu öffnen und für einige Tage nutzbar zu machen. Der Verein versteht sich als ein urbanes Labor, eine Plattform für kollaborative Experimente, ein städtischer Impulsgeber.
Aktuelles: Das diesjährige Festival „Übern Berg“ findet vom 15.–17. Juli 2022 am Telegrafenberg in Potsdam statt. Eingeladen wird sich zu ortsspezifischen Arbeiten über (Un)Möglichkeiten und Praktiken des Überwindens.
Localize möchte größer werden. Das eher kleine Team aus Kulturschaffenden, das das Festival ehrenamtlich organisiert, freut sich über verschiedene Formen der Unterstützung.
Links
Website: localize.cargo.site
Facebook: facebook.com/localizepotsdam/
Instagram: @localizepotsdam
Wir erinnern
Entstehung: Entstanden aus einem Freiwilligenprogramm mit russischen Student*innen, in welchem sich mit den Themen Erinnerungskultur, Dialog zwischen den Generationen und der Leningrader Blockade in Berlin auseinandergesetzt wurde. Das Team besteht aus der Regisseurin mit abgeschlossenem Studium, Mira (heute Studentin an der Universität Potsdam), zwei Freundinnen und jenen russischen Student*innen.
Projektidee: Ein assoziativ-essayistischer Dokumentarfilm „Wir erinnern“ – das ist noch der Arbeitstitel – soll mit Erinnerungen an die Leningrader Blockade im heutigen Berlin gedreht werden. Dabei geht die Regisseurin mit dem Gedichtband ihrer Urgroßmutter auf Entdeckungsreise zwischen persönliches Erinnern und Geschichten von Zeitzeug*innen durch Reste eines kollektiven Gedächtnisses.
Aktuelles: Viele Zeitzeug*innen wurden bereits gemeinsam online getroffen. Da das Projekt u.a. auf russischer staatlicher Seite gefördert wurde, liegt es aufgrund der aktuellen Situation etwas auf Eis. Die Loslösung von der Förderung bedeutet allerdings auch freiere Gestaltung und eine gewisse Entlastung von inneren politischen Konflikten mit dem Förderer. Der Kontakt zu den russischen Student*innen existiert noch und es wird sich ausgetauscht.
Re*action
Entstehung: Ein studentisches Projekt aus diesem Jahr, welches vom vom 22. bis 24. April auf unserem Campus stattfand.
Projektidee: ein queerfeministisches Festival mit Workshops, Lesung, Filmvorführung, Vernetzung an Infoständen, Konzerten und abschließendem Brunch, getragen von Facetten.
Links
Ankündigung: facettenderkulturarbeit.de/das-programm-zum-festival-reaction/
Instagram: @reaction.festival
Weitere Projekte aus diesem Jahr:
generation.gemeinsam
- Projektidee: Möchte intergenerationalen Austausch durch gemeinsame, künstlerische Betätigung schaffen.
- Vernissage: 22. April 2022 (+ folgende Veranstaltungen)
- Instagram: @generation.gemeinsam
Begegnungsbänke
- Projektidee: In verschiedenen Stadtteilen Potsdams werden bunt gestaltete Begegnungsbänke aufgestellt. Setzt sich eine Person auf eine solche Bank, bedeutet das, sie ist bereit für ein Gespräch/einen Austausch.
- Eröffnungstag: 14. Mai 2022
- Instagram: @begegnungsbaenke
Kultur.tanken
- Projektidee: Ein kostenloses Musik- und Performancefestival an verlassener Tankstelle, um Nutzungsmöglichkeiten von Immobilien-Leerständen für Kunst und Kultur aufzuzeigen.
- Veranstaltung: 21. Mai 2022 in Berlin-Neukölln
- Instagram: @kultur.tanken