Vater, Mutter, Studium

© Ron Lach

Wie ist das, zu stu­dieren, wenn man ein Kind hat? Und wie unter­stützt die Fach­hoch­schule Potsdam als „fami­li­en­freund­liche Hoch­schule“ dabei? Wir haben ein Paar mit einer kleinen Tochter und die Fami­li­en­be­auf­tragte der FHP inter­viewt, um Ein­blicke zu erhalten und von Erfah­rungen zu hören: Von Her­aus­for­de­rungen für Eltern über Angebote des FAM­teams bis hin zu Wün­schen von beiden Seiten.

Nicolai: Studieren mit Kind

Nicolai Raab stu­diert im 7. Semester Kul­tur­arbeit. Er ist 24 Jahre alt und wohnt mit seiner Frau, Tanya, und seiner kleinen Tochter in Bran­denburg an der Havel. „Das Studium ist die beste Zeit, um Kinder zu bekommen“, sagt er, aber auch: „Man braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen.“

Nicolai Raab am Fami­li­enort in der Mensa der FHP. © Julia Vogt

Über die Herausforderungen des Eltern-Alltags

Nicolai: „Eine Her­aus­for­derung ist, dass man in einer ganz anderen Lebens­rea­lität steckt: Spontan was machen, wie Freunde besuchen, ist nicht, statt­dessen ist viel Planung nötig. Das Studium, unsere Frei­be­ruf­lichkeit und andere Tätig­keiten unter einen Hut zu bekommen, ist eine große Her­aus­for­derung und nicht leicht, auch, weil unsere Familien nicht in der Nähe sind.“

„Was ich auch fest­ge­stellt habe: Es ist auch sehr schwierig, umzu­ziehen. Wir wohnen jetzt gerade in Bran­denburg an der Havel. Nach Potsdam zu ziehen, dort eine Wohnung zu finden, die fami­liären Ansprüchen ent­spricht und die man sich leisten kann, ist nicht einfach. Man kriegt ja nicht plötzlich mehr Geld. Auf der anderen Seite auch die Orga­ni­sation eines Umzugs.“

„Ein Aspekt, der mir auch sehr wichtig ist, ist Gleich­be­rech­tigung in der Beziehung. In dem Zusam­menhang (mit Kind) ist das sehr schwierig, ange­nommen, die Tochter ist gerade ein kom­plettes Mama-Kind, wie kann ich da einen Aus­gleich schaffen? Wie kann man sich die Zeit gerecht auf­teilen? Wenn unsere Tochter zum Bei­spiel nachts bei ihrer Mutter schlafen muss, ist das dann ein totales Ungleich­ge­wicht. Das ist so ein Thema, wo ich mir Gedanken mache. Und so viel, was ich eigentlich nicht ver­ant­worten wollte.“

„Oder Sachen wie Kin­der­kran­kentage, dass man in der Uni einfach durch eine Krankheit Sachen ver­passen kann. Das kann man so schwer nach­holen. Auf der Arbeit könnte man sagen: Ich war krank, man bekommt aber trotzdem das Geld und muss sich keine Sorgen machen. Da ist in der Uni schwierig, man kann ja nicht einfach den Tag wie­der­holen oder das Seminar.“

Tanya: „Und davor habe ich auch große Angst, dass zum Bei­spiel während der Prü­fungen so was pas­siert. Ich muss auch immer mein Handy auf laut haben, falls etwas ist. Ich kann mich zum Bei­spiel auch sehr schwer kon­zen­trieren, wenn es ihr morgens schon nicht so gut ging. Dann denke ich: Jede Minute könnte die Kita oder Nicolai anrufen.“

Das FAMteam: Unterstützung für Familien

Diana Zill ist Lei­terin des FAM­teams. Sie wurde zur Fami­li­en­be­auf­tragten ernannt und ist selbst Mutter von zwei Kindern. Sie machte erste beruf­liche Erfah­rungen in der Restau­rierung bei der Stiftung Preu­ßische Schlösser und Gärten und im Ausland im Bereich Kostüm/Requisite, bevor sie BABEK (Bildung und Erziehung in der Kindheit, B.A.) an der FHP studierte.

Fami­li­en­be­auf­tragte der FHP Diana Zill im Cam­pus­garten. © Norea Waßermann

Dahinter verbarg sich der Wunsch, pro­fes­sionell mit Kindern zu arbeiten. Dies tat sie während des Stu­diums im Fami­li­en­zentrum, bei einem päd­ago­gi­schen Modell­projekt in der For­scherwelt in Blossin und als Kita-Fach­be­ra­terin im Bun­des­pro­gramm Sprach-Kitas für 2 Jahre, wo ihr ins­be­sondere die Zusam­men­arbeit mit Familien und Erwach­se­nen­bildung gefiel. „Und dann kam diese Stel­len­aus­schreibung: Fami­li­en­be­auf­tragte. Und das war, wie das manchmal so im Leben ist – zur rich­tigen Zeit, am rich­tigen Ort. Und ich dachte: Oh ja, das ist es!“

Auf­gaben als Familienbeauftragte 

  • Leitung des per­sonell dyna­mi­schen FAMteams
  • Belange und Bedürf­nisse einer fami­li­en­freund­lichen Hoch­schule im Blick behalten
  • Trans­pa­rent­ma­chung und Fes­tigung der fami­li­en­freund­lichen Ziele 
  • Bereit­stellung der Kin­der­be­treu­ungs­an­gebote und ähn­licher Maßnahmen
  • Kontakt zu Bera­tungs­stellen, Außen­stellen und anderen Hochschulen
  • Teil­nahme an Jah­res­ta­gungen, AGs etc. des Vereins der Familien der Hochschule

Angebote des FAMteams

Diana Zill: „Beratung, Betreuung und Begegnung – das sind unsere drei Stichworte.“

Das Bera­tungs­an­gebot des FAM­teams ist breit. Es geht über die Stu­di­en­or­ga­ni­sation- und finan­zierung bis hin zu den Mög­lich­keiten der Kin­der­be­treuung und der Kom­mu­ni­kation mit der Hoch­schule, dem Stu­di­engang und Kolleg*innen.

Auf dem Campus gibt es ver­schiedene kos­tenlose Betreu­ungs­mög­lich­keiten. Einmal die Fami­li­enorte zur Selbst­be­treuung; in fast jedem Haus gibt es einen, im Haupt­ge­bäude sogar vier (in der Mensa, Cafe­teria und in der Bibliothek sowie im Ruhe- und Erste-Hilfe-Raum.) Diana: „Mitt­ler­weile haben wir in jedem Haus einen Fami­li­enort, der auch gleich­zeitig Erste-Hilfe-Raum ist. Das sind Ruhe- und Still­räume, in welche (…) sich die Familie zurück­ziehen kann.“ 

Dann gibt es noch das Fami­li­en­zimmer in Haus 5, wo eine selbst­ständige Betreuung möglich ist. Dort findet auch die fle­xible Betreuung (Kita-ergänzend gedacht) statt. Diana: „Die fle­xible Kin­der­be­treuung habe ich im letzten Jahr in Koope­ration mit der Kin­derwelt auf einen neuen Weg gebracht. (…) Das ist ein Angebot, da kann man auf indi­vi­duelle Nach­frage eine Betreu­ungs­person über die Kin­derwelt buchen oder anfragen, die dann bis zu 12 Stunden in der Woche das Kind dort vor Ort betreut.“

Als neues Angebot gibt es die Eltern-Kind-Gruppe, eben­falls als Ergänzung zum Kita-Angebot. „Die Eltern-Kind-Gruppe, die ist ganz neu. (…) Immer von 9 bis 15 Uhr ist diese Eltern-Kind-Gruppe da, die sich im Prinzip selbst orga­ni­siert unter päd­ago­gi­scher Leitung. Die Gruppe hat das Konzept, dass Pots­damer Eltern diese im Rahmen von 30 Stunden nutzen können und Mutter, Vater, Oma, Kommiliton*in oder wer auch immer, mit dem Kind vor Ort bleibt. (…) Es wird möglich sein, wenn das Kind die Anwe­senden gut kennt, dass man sich mal für 1–2 Stunden aus diesem Setting raus­nehmen kann. Aber immer in indi­vi­du­eller Absprache.“ so Diana Zill.

In den Schul­sommer- und Herbst­ferien gibt es Kin­der­work­shops, meistens in der ersten Woche, um die Hoch­schul­an­ge­hö­rigen mit Kind von der Arbeits- und Vor­le­sungszeit zu ent­lasten. Aktuelle Infor­ma­tionen gibt es darüber auf der Website und recht­zeitig per Mail.

An den Begeg­nungs­mög­lich­keiten, außerhalb der selbst­or­ga­ni­sierten Betreuung oder Feri­en­work­shops, gibt es die Idee eines Fami­li­en­cafés, das einmal im Monat statt­finden soll. Diana Zill und dem FAMteam fällt auf: „(…) dass man als junge Mutter oder als junger Vater nach der Geburt des Kindes oder in der Elternzeit soziale Kon­takte braucht. Einfach Men­schen, die genauso denken wie ich, die stu­dieren und die wissen, wie her­aus­for­dernd das mit Kind ist.“  Das Café soll ein Ort für Hoch­schul­an­ge­hörige mit Kindern werden. Sie sollen in den Aus­tausch kommen und nied­rig­schwellige Angebote zu Ent­wick­lungs­themen von Kindern erhalten.

Zukunftsperspektiven

Wünsche von Eltern

Tanya: „Ich würde mir wün­schen, dass das mit der Zeit ein­facher wird, wenn das Kind größer wird. Wenn ich im Master dann mehr Frei­heiten und mehr Zeit habe, die ich auch für die Uni inves­tieren kann. Weil ich jetzt merke, dass ich absolut Abstriche machen muss und die Uni eigentlich vor allem bei mir hinten run­ter­fällt. Ich mache tat­sächlich im Moment nur das, was ich machen muss. Über­haupt nicht darüber hinaus. Im ersten Semester habe ich noch viel gelesen und recher­chiert und jetzt mache ich das absolute Minimum. Ich bin froh, wenn ich mit 50% aus den ganzen Sachen raus­komme. Das ist eigentlich gar nicht mein Anspruch, ich möchte mehr und hoffe, dass das in Zukunft leichter wird.“

Nicolai: „Längere Öff­nungs­zeiten für die Kita! (lacht) Das wäre schon prak­tisch. Auch fände ich es schön, wenn Kinder zu einer gesell­schaft­lichen, inter­ge­ne­ra­tio­nellen und fami­liären Aufgabe werden würden. Nicht, dass das indi­vi­dua­li­siert nur an den Eltern fest­hängt und es eine Ein­zel­aufgabe ist.“

Wünsche der Familienbeauftragten

Diana: „Ich wünsche mir, dass die [Eltern] auch hier an der Hoch­schule einen Ort haben, der adäquat ihre Bedarfe abdeckt. Einen Ort, von dem sie wissen, ich bin hier mit meinen Her­aus­for­de­rungen nicht alleine, ich werde gehört, respek­tiert und aner­kannt. Das machen wir schon, aber das ist sicherlich noch aus­bau­fähig. Und ich wünsche mir natürlich immer viel Kraft und viele gute eigene Res­sourcen, um diese Her­aus­for­derung, die ja auch schön ist, wo ich auch höchsten Respekt vor habe, zu sagen, ich stu­diere mit Kind. Mög­li­cher­weise ist aber auch das Studium die beste Zeit, um ein Kind zu bekommen.“

Alle Infor­ma­tionen rund um Familie an der FHP:
fh-potsdam.de/familie