Gerade befinde ich mich in einem Auslandssemester in Amsterdam und eigentlich ist die FH;P gedanklich so weit entfernt, dass es mich gerade selbst verwundert, dass ich mich mit ihr beschäftige. Eigentlich liegt es auch nur daran, dass ich gerade nicht da bin. Wenn man mal das eigene Nest verlässt, dann ist es bekanntlich möglich viele Dinge klarer zu sehen. Mir bot es die Möglichkeit einmal kennenzulernen, dass es auch anders geht. Was mir hier an der Hogeschool van Amsterdam in der vergangenen Zeit vor allem aufgefallen ist, ist enormer Raum.
Und ich meine das nicht nur, weil die Hochschule um ein Vielfaches größer ist, sondern mit Blick auf die Nutzung und Gestaltung des vorhandenen Raums. Wenn man sich hier in Amsterdam ein wenig umschaut, dann entdeckt man ein Café in der Bib, eine Kaffee-Bar im Foyer, die nicht nur guten Kaffee macht, sondern noch stylisch aussieht, und eine Menge an Arbeitsräumen. Dabei meine ich nicht, wie bei uns, sterile Seminarräume mit minimalistisch anmutenden Stühlen, so bequem wie Gefängnispritschen, sondern frei zugängliche Räume für Still‑, Einzel- und Gruppenarbeit. Mit guten Arbeitsplätzen, gemütlichen Sitzecken und vielleicht auch mal einem nutzbaren Bildschirm, sodass bei Gruppenarbeiten nicht alle auf einen kleinen Laptopbildschirm starren müssen.
Und wenn mir jetzt jemand zurufen würde, dass es das doch alles an unserer FH geben würde, so müsste ich dies leider nachdrücklich verneinen. Von welchen Räumen diese Person auch zu sprechen mag, es kann nicht unsere Bibliothek sein, die in guter deutscher Tradition natürlich kein Café beinhaltet – schließlich kommt man ja zum Arbeiten und nicht zum Vergnügen. Arbeit heißt hier natürlich, wie es sich so gehört, Stillarbeit. Sich dort mit einer Gruppe zum Arbeiten zu treffen kommt erst gar nicht in Frage. Die Einrichtung und das Raumkonzept sind dafür nicht ausgelegt.
Oder dann gibt es jetzt auch das neue Sitzeckchen im Foyer des Hauptgebäudes. Beim Anblick des Gewinnerentwurfs, der Hexagon-Lounge, möchte ich mich am liebsten in einem großen Topf gefüllt mit Honig ertränken. Zwar kenne ich die Möbel nur von den Bildern, aber diese sehen eher unpraktisch und klobig aus. Ob der Versuch gelingt, dem ungemütlichen Foyer ein wenig Aufenthaltsqualität abzuringen, bezweifle ich.
Und dann gäbe es da ja auch noch die Mensa und die Cafeteria. Und wie man schon aus den Namen ableiten kann, sind beide nicht fürs Arbeiten geschaffen. Und selbst an ein Mittagessen in angenehmer Atmosphäre ist nicht zu denken. Es musste eben funktional sein – es ist halt eine Mensa. Und dennoch wird die Mensa zum Arbeiten genutzt, denn sie ist der einzige Raum, der zentral und immer zugänglich ist. Dies ist nun jedoch zum Problem geworden, da man nun deutlich mehr Menschen durch den Umzug der FES in die Kiepenheuerallee täglich mit Essen versorgen muss. Da der knapp vorhandene Platz nun dringend benötigt wird gibt es jetzt Essen im Stechuhrentakt. Arbeiten will man in solch einer Atmosphäre außerdem eigentlich auch nicht. Ganz abgesehen von zurückgelassenem Geschirr oder Essensresten auf den Tischen und einem latenten Mangel an Steckdosen.
„Wie wäre es denn dann mit Haus 17?“, könnte man fragen. „Das ist doch schließlich für die Studierendenschaft gedacht!“ Könnte man sagen. Aber auch hier wird man schnell enttäuscht. Die finnische Dampfsauna ist fertig gestellt und das Haus akribisch gedrittelt in Büros (AStA, StuRen, Casino), einem Veranstaltungssaal und dem Casino selbst. Letzteres ist eben auch mehr ein studentisches Café, als ein Arbeitsraum. Zwischenzeitlich musste der AStA sogar Haus 17 vor der Kommerzialisierung durch ein Fitnessstudio bewahren. Die Kassen der FH scheinen wirklich klamm zu sein. Also auch hier wird man auf der Suche nach studentischem Arbeitsraum nicht fündig. Selbst das Dachgeschoss, dass man ja irgendwie hätte nutzen können, bleibt unausgebaut. Architektur umschließt nunmal gerne Luft. (#loveFB2 <3! Bin ja selber in dem FB2). Da auch der AStA und die StuRen dort Büroräume haben, sprechen böse Zungen sogar davon, dass Haus 17 der studentischen Elite vorbehalten ist. Also auch hier wird man als „Normalo-Studierende*r“ nicht fündig.
Bevor wir unseren Streifzug beenden schauen wir doch nochmal in die Fachbereiche. Am besten hat es wohl noch der Fachbereich Stadt | Bau | Kultur. Die Studierenden der Restaurierung arbeiten in kleinen Gruppen meist eh in den Laboren und die angehenden Architekt*innen und Städtebauer*innen haben Studios mit einem eigenen Arbeitsplatz, in denen sie jedoch auch eingepfercht sitzen wie Hühner in einem brandenburgischem Stall. Für die Studierenden der Kulturarbeit gibt es einen Projektraum, der kaum genutzt wird, weil er im Haus D ist, keiner davon weiß oder man keinen Transponder dafür hat. Und wenn wir schon im Haus D sind, dann schauen wir mal beim FB Design vorbei. Hier gibt es einen studentischen Raum, der hart erkämpft wurde und im Angesicht der Anzahl der Studierenden im Fachbereich unterirdisch klein ist. Im FB Sozial- und Bildungswissenschaften wünschen sich die Studis einen Aufenthaltsraum für Pausen. Im FB Bauingenieurwesen sind die PC-Pools meistens stark ausgelastet.
Schade eigentlich, dass alle Lehrenden Büros haben, die die meiste Zeit leer stehen und die Studierenden irgendwie im Regen stehen müssen. Da merkt man einmal mehr, dass der Hochschulbetrieb noch in so vielen Aspekten in der Vergangenheit verwurzelt ist und mehr einer Behörde ähnelt, anstatt auch baulich einem lebhaften, flexiblen und dynamischen (Lern-)Ort zu entsprechen, der Hochschule so gerne sein möchte. Wieso ist es nicht möglich Co-Working-Räume für Lehrende und Studierende einzurichten, die flexibel genutzt werden können? Die campuseigene Betonwüste, der sog. Solarpavillon, würde sich da zum Beispiel anbieten.
Auf unsere Suchanfrage bekommen wir nur ein Ergebnis: Error 404 Not Found. Arbeitsraum? Fehlanzeige! Er beliebt wohl Wunschdenken. Vorerst, denn dieser Text soll auch ein Appell für alle engagierten Studierenden an unserer Hochschule sein; an den AStA und die StuRen (die sog. „studentische Elite“ – sorry, aber diese Bezeichnung ist wirklich Quatsch!). Wenn man mal für eine sinnvolle Sache kämpfen könnte, dann für studentischen Arbeitsraum. Wären da nicht immer diese kleinen alltäglichen Kämpfe, die große Visionen so schwer umsetzbar machen…
Mehr qualitativer Arbeits- und Aufenthaltsraum kann bedeuten, dass mehr Studierende länger am Campus bleiben, dass die Produktivität steigt und sich die Aufenthaltsqualität erhöht und dadurch das Campusklima besser wird. Darum brauchen wir Räume, in denen man sich gerne aufhält und nicht unbedingt an Uni denken muss, oder wenigstens Räume, in denen man zur Abwechslung richtig gut arbeiten kann. Gut, dass ich noch ein paar Monate in Amsterdam bin, vielleicht bekomme ich dann bei meiner nächsten Suchanfrage doch noch ein brauchbares Ergebnis angezeigt. Wäre schön – oder etwa nicht?