Diesen Film auf keinen Fall an Weihnachten schauen!

© Nicolai Raab

Ein Kulturarbeiter regt sich über Filme auf (Beitragsreihe)

Es ist win­terlich geworden. Nur noch ein paar Wochen bis zu den Fei­er­tagen! Die Festtage kommen und eine besinn­liche Atmo­sphäre stellt sich ein. Und was ist in so einer Zeit das wich­tigste? Genau, Filme! Oder was dachtet ihr denn?

Glück­li­cher­weise bietet das Casino auch im neuen Jahr wieder wun­derbare Film­abende. Schaut da mal rein, da sind tolle Filme dabei! Aber bis im Januar sind wir wohl alle auf uns alleine gestellt. Also auf liebe Kommiliton*innen – lasst uns auf die warme Couch begeben und einen gesit­teten Film­abend veranstalten!

Leider wird viel zu viel Posi­tives über Filme geschrieben. Des­wegen führen wir (oder ich, der Autor und neues Redak­ti­ons­mit­glied – hi) bei Semi­kolon diese Bei­trags­reihe ein. Bei­träge, die mal so richtig über Filme her­ziehen können. Und wer könnte das besser, als ein Student der Kul­tur­arbeit, der von der Filmuni Babelsberg abge­lehnt wurde? Ach ja, stimmt, wer im Glashaus sitzt …

Jeden­falls kann ich jetzt aus meiner pro­fes­sio­nellen kul­tur­wis­sen­schaft­lichen Sicht­weise eine qua­li­fi­zierte Meinung zu Filmen abgeben. Ich ver­bitte mir jeg­lichen Humor hier! Glaubt ja nicht, dass ihr hier auch nur einen klit­ze­kleinen Witz finden werdet, ihr Kul­tur­ba­nausen! Ist ja schließlich Kul­tur­ARBEIT und nicht KulturSPAß. 

Hier kommt er – der Film, den ihr euch zuhause bitte NICHT in an den Fei­er­tagen anschaut. Falls doch, dann beichtet hier in den Kommentaren! 

„Tatsächlich… Liebe!“

Diesen Film schaue ich jede Weih­nachten an. Und zwar nicht aus Freude, sondern aus Zwang! Irgendein Gefühl zieht mich jedes Jahr wieder an zu diesem Film. Richard Curtis hat den Film geschrieben und Regie geführt. Ein Epi­so­denfilm über ver­schiedene Per­sonen in England in der Weih­nachtszeit. Am Anfang sieht man Men­schen am Flug­hafen Heathrow, die sich freudig umarmen. Kit­sch­alarm! Dabei auch noch eine sexy Hugh-Grant-Stimme, die darüber spricht. Da wird einem trotz Winter warm und man möchte ihn direkt zu sich nehmen und mit unter die Decke … aber nein lassen wir das.

Es startet in die Szenen mit einer Ton­stu­dio­auf­nahme von Bill Nighy, der einen her­un­ter­ge­kom­menen Rockstar dar­stellt. Leider schafft er es nicht das Wort „Love“ (Liebe) durch das Wort „Christmas“ (Weih­nachten) in seinem Song zu ersetzen. Als es dann doch gelingt, wird der Song auf wun­dersame Weise ein Hit. Eine mes­ser­scharfe Analyse unserer Zeit – ein alter weißer Mann macht irgendwas, was er schon 100-mal gemacht hat und wird dafür in den Himmel gelobt. Schon mal ein großes Aus­schluss­kri­terium im femi­nis­ti­schen Diskurs, also kann man sich an diesem Punkt schon mal von dem Film verabschieden.

Colin Frissel, der von Kris Mar­shall gespielt wird, ist auch so eine typisch hete­ro­nor­mative Rolle. Der Typ, der jede Frau mit einem anzüg­lichen oder ekligen Over-the-top Kom­pliment anmachen will. Heut­zutage würde so ein Kerl im Internet nach Videos suchen, die ihm Tipps fürs Flirten ver­sprechen. Aber der Film spielt ja im Jahr 2003. Deshalb ging das noch gar nicht so wirklich. Er denkt also, dass er auf­grund seines eng­li­schen Akzentes attraktiv ist für Ame­ri­ka­ne­rinnen. Was für ein Kli­schee! Viel schlimmer: Das Kli­schee bestätigt sich, die Frauen fallen über ihn her.

Die Vor­her­seh­barkeit in dem Film ist auf keinen Fall komisch oder macht einen Reiz des Filmes aus. Nein, der Film macht sich so selbst kaputt. Die nächste Rolle: Hugh Grant spielt den Pre­mier­mi­nister von England auf seine hugh-grantige Art; also schüch­terner aber doch super char­manter Typ. Wahnsinn. In so einer Rolle hat man ihn noch nie gesehen (doch hat man). Nathalie ist seine Assis­tentin, in die er sich ver­liebt. Auch eine sehr inno­vative Idee (dachte sich viel­leicht auch Julian Rei­chelt).  Am Ende kommen sie zusammen, happy end. Ja und das war’s eigentlich auch schon. Die anderen Figuren sind ziemlich uninteressant.

Rowan Atkinson, der Mr. Bean-Dar­steller, spielt auch mit. Aber es ist total unspek­ta­kulär, wie er es schafft immer wieder die Situa­ti­ons­komik her­zu­stellen, die es für bestimmte Szenen einfach braucht. Oder Bilbo Beutlin, ähm ich meine Martin Freeman spielt mit. Er hat eine Part­nerin auf Augenhöhe gefunden und zwar beim … Por­nodreh! Schon wieder diese Anzüg­lich­keiten im Film – schrecklich. Pro­fessor Snape aus Harry Potter, Alan Rickman, ist mit von der Partie als (fast?) untreuer Ehemann. Die Geschichte ist so lang­weilig, die erzähle ich euch gar nicht erst.

Und die Geschichte über zwei Men­schen mit unter­schied­lichen Sprachen, die für ihre Liebe um die Welt reisen kommt auch vor. Hat man aber bestimmt schon tau­sendmal gesehen. Zum Bei­spiel bei Romeo und Julia. Oder so. Kam bestimmt mal irgendwo vor. Ach so und Homo­se­xua­lität kommt in dem Film auch vor. War aber 2003 glaube ich schon Standard.

Also als Fazit: Schaut euch diesen Film bitte alle an. Ähm NICHT an, ich hab das Wort in der Mitte ver­gessen sorry. Also schaut ihn euch bitte nicht an. Ich sitze dann diese Weih­nachten mit meiner Familie da, ver­suche dem Drang zu wider­stehen, diesen Film anzu­machen; doch am Ende wird er wieder auf der Leinwand zu sehen sein. 

Wie jedes Jahr. Schöne Fei­ertage euch allen!