Irgendwie ist es surreal, dass die Covid-19-Pandemie schon über ein Jahr in Deutschland existiert. Aber man hat sich damit abgefunden. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber mich macht die Pandemie einfach nur noch müde. Es gibt keine klare Linie und man hat das Gefühl, dass nichts gemacht wird, wenn es nicht von wirtschaftlichem Interesse für das Land ist. Kommen wir daher zu einer vergessenen Gruppe der Pandemie: den Studierenden.
Das öffentliche Leben kam letztes Jahr am 16.03. zum Stillstand – zumindest für mich. Die Studierenden der FH Potsdam erhielten damals auch das erste Corona-Update von unserer Präsidentin Eva Schmitt-Rodermund per Mail. Klar hatten wir davor schon ein paar Mails zu dem Thema gekriegt, aber keine war so einschneidend wie diese. In dieser Mail wurde verkündet, wie das kommende Semester aussehen würde und dass die Mensa an der Kiepenheuerallee ab sofort auf unbekannte Zeit geschlossen hatte. Dies ist für die leicht verfressene Lila Mütze ein herber Schlag gewesen. Auf diese Mail folgten viele weitere.
Der erste brandenburgische / bundesweite Lockdown wurde dann auch wenige Tage später am 22.03.2020 verkündet. Schon davor hatten Kulturstätten und die Gastronomie teilweise geschlossen, Personen wurden ins Homeoffice geschickt. Ich erinnere mich noch an meinen letzten Arbeitstag vor dem Lockdown; es waren schon sehr viele der Mitarbeiter:innen im Homeoffice und die wenigen, die noch präsent waren, haben sich darüber beschwert, warum sie noch nicht im Homeoffice wären. Ich habe auch teilweise die Konversation gehört, wo diskutiert wurde, mich nach Hause ohne den Homeoffice-Aspekt zu schicken.
Laut 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks [sic!] haben zwei Drittel aller Studierenden während der Vorlesungszeit einen Nebenjob. Dies tun sie aus den verschiedensten Gründen: Manche wollen sich einfach nur etwas nebenbei dazu verdienen oder ihr BAföG aufstocken, andere tun es aus der Notwendigkeit, sich den Lebensunterhalt zu finanzieren. Laut der Sozialerhebung sind 59% der Studierenden auf ihren Nebenjob zur Bestreitung des Lebensunterhaltes angewiesen. Manche müssen also neben dem Studium arbeiten, um überhaupt studieren zu können.
Viele Studierende haben in der Kultur und Gastronomie gearbeitet – die Felder, wie oben schon erwähnt, die wegen der Pandemie von Anfang an und fast durchweg geschlossen sind und man sich auch nicht wirklich sicher sein kann, ob diese in ihrer jetzigen Form überleben werden. Unternehmen, die noch einen gewissen Betrieb aufrecht erhalten konnten, mussten meist ihre Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit schicken. Dies führte dazu, dass in relativ kurzer Zeit sehr vielen Studierenden ihre Jobs weggebrochen sind – weil diese nicht in Kurzarbeit geschickt werden konnten, ihre Betriebe zu machten oder es keine Verwendung mehr für sie gab.
Während der Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit staatliche Hilfen zugesagt wurden, ließ dies bei den Studierenden auf sich warten. Die Bundesländer meinten nämlich, dass der Bund zuständig sei, um den in Not geratenen Studierenden zu helfen. Diese Zeit verbrachten die Studierenden damit, sich an die Online-Lehre zu gewöhnen. Viele Studierende standen damit vor neuen Problemen; wie zum Beispiel, dass ihre mobilen Endgeräte (falls sie welche hatten) nicht den Anforderungen der Online-Lehre standgehalten haben. Manche Studierende hatten aber auch noch kein Internet oder es war zu schlecht, um an der Lehre teilzunehmen. In Brandenburg ja keine Neuigkeiten. Dieses Problem hatten aber nicht nur die Studierenden, sondern auch einige Lehrende. Als dann klar wurde, dass Covid-19 nicht im April 2020 wieder verschwindet, ist dann endlich etwas passiert, um den Studierenden zu helfen.
Der „Plan“ von Karliczek
Am 30.04.2020 trat die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek vor die Presse und stellte ihren „Plan“ vor, um die Situation der Studierenden zu erleichtern. Eine der Lösungen war ein Kredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau, womit man 650€ im Monat erhält. Der Kredit sollte für ein Jahr zinsfrei sein – sowohl für die Studierenden, die diesen neu aufnehmen, als auch für die, die diesen schon in Anspruch genommen haben.
Die andere präsentierte Lösung ist die sogenannte Überbrückungshilfe vom Bund. Hierbei kann man einen Antrag stellen und eine Auszahlung von bis zu 500€ erhalten. Um diese Höchstsumme allerdings zu erhalten, muss man einen Kontostand von unter 100€ haben. Dieser Antrag muss auch jeden Monat neu gestellt und jeden Monat muss man eine Menge Dokumente einreichen (siehe Infokasten).
Dokumente, die jeden Monat für eine Überbrückungshilfe eingereicht werden müssen
- die Immatrikulationsbescheinigung der Hochschule für das laufende Semester
- den Personalausweis oder einen gleichwertigen Identitätsnachweis
- eine Bankverbindung in Deutschland
- die Erklärung, dass man für den Monat, in welchem man diese Überbrückungshilfe beantragt, keine weitere pandemiebezogene Unterstützung zur Bestreitung des Lebensunterhalts erhalten bzw. im laufenden Monat erwartet (zum Beispiel von Notfonds, Stiftungen oder Fördervereinen).
- die Erklärung, warum man sich in einer pandemiebedingten Notlage befindet, wenn vorhanden belegt mit den entsprechenden Dokumenten. Die Gründe für die Notlage müssen im Antragsmonat bis zum Tag vor der Antragstellung oder in den beiden Vormonaten entstanden sein. Liegt der Eintritt der pandemiebedingten Notlage länger zurück, muss man die aktuellen eigenen Bemühungen dokumentieren, die zu einer verbesserten finanziellen Situation in absehbarer Zeit führen können
- die Kontoauszüge für alle Konten, auf die man kurzfristig Zugriff hat, chronologisch lückenlos nach Datum sortiert für den vollen Kalendermonat vor Antragstellung und vom laufenden Monat bis zum Vortag bzw. letztem Banktag vor der Antragstellung
- die Selbsterklärung, dass mit einem erfolgreichen Abschluss des Studiums zu rechnen ist
Quelle: Studentenwerk Potsdam
Keine dieser Optionen ist schnell oder unkompliziert. Okay, der Kredit ist vielleicht schnell, aber hat den Haken, dass man sich an diesen sehr lange bindet. Und nach der Übergangsfrist kommen wieder Zinsen hinzu, welche die Rückzahlsumme am Ende noch größer machen.
Doch es gibt einen weiteren, großen Kritikpunkt, den sich beide Maßnahmen teilen: In welcher Stadt kann man aktuell studieren und von 500 € bis 650 € leben? In Potsdam würde ich das fast als unmöglich empfinden, außer man wohnt im Wohnheim des Studentenwerks [sic!] oder in einer sehr günstigen WG – und selbst dann hat man ein Problem mit dem restlichen Geld durch den Monat zukommen. Wenn ein Studi allerdings in einem privaten „Wohnheim“ wohnt, sind es schon 500+ € alleine für die Miete.
Aber hey, dadurch kann die Politik sagen, dass sie etwas für die Studierenden getan hat. Nach dieser Pressekonferenz ist es ruhig um die Gesellschaftsgruppe Studierenden geworden. Nicht etwa weil es uns gut ging und wir keine Probleme hatten; wir waren einfach nicht so interessant wie andere Debatten.
Beispielsweise die Situation der Schüler:innen. In Bayern ist die digitale Schülerplattform „mebis“ am 16.03.2020 angeblich von einer DDoS-Attacke (Distributed-Denial-of-Service: eine Angriffsmethode, um einen Online-Dienst zu verlangsamen oder zum Absturz zu bringen) angegriffen worden, laut Webseitenbetreibern. Vielleicht ist die Webseite auch nicht damit klar gekommen, dass auf einmal alle Schüler:innen Bayerns auf die Plattform zugreifen mussten und die Serverkapazitäten haben nicht ausgereicht. Dieses Problem hatten die Hochschulen nicht oder nicht so schlimm, da jede einzelne schon sehr lange eine digitale Plattform hatte, wo Studierende sich in die Kurse einschreiben, um die für Vorlesung benötigten Materialien zu erhalten oder ihre Abgaben dort einzureichen.
Natürlich waren unsere Probleme auch nicht so medienwirksam wie die der Wirtschaft, weil da gehen ja Arbeitsplätze verloren und das Bruttoinlandsprodukt ist gefährdet. Es ist übrigens sehr toll zu hören, wenn die Unternehmen, die Staatshilfen erhalten haben, am Ende ihren Aktionär:innen mehr auszahlen können, als ein:e Student:in durch die Pandemiehilfen bekommt. Oder wenn diese Unternehmen für die weitere Ausbreitung der Virusmutationen sorgen, indem sie mehr Flüge anbieten und die Menschen bei der Rückkehr nicht getestet werden.
Aber bei uns ist mit der Online-Lehre auch nicht alles so reibungslos abgelaufen wie es schien. An der FHP wurde am Anfang ja gesagt, jede:r Dozent:in darf sich das digitale Konferenzsystem selbst aussuchen, was zu einem fröhlichen Plattform Hin- und Herspringen führte, über Zoom zu Microsoft Teams und Big Blue Button. Dieses Hin- und Her hat sich jetzt im dritten Online-Semester ein bisschen beruhigt und bei meinen Seminaren scheint Zoom als der Gewinner hervorgegangen zu sein, da fast alle Veranstaltungen bis auf eine über diesen Dienst laufen.
Steinmeiers Rede an die Studierenden
Was denkt ihr, was Studierende dringend brauchen, die seit über einem Jahr Existenzprobleme haben? Studierende, die fast nur noch zu Hause vor ihren mobilen Endgeräten sitzen und auf die Powerpoint-Folien der Dozent:innen starren, ohne den sozialen Austausch, der zum Studium gehört? Natürlich eine Rede vom „oberste[n] Vertreter der weißhaarigen Generation“, besser bekannt als unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier!
Dieser hat am 12.04.2021 eine Rede an die Studierenden in der Staatsbibliothek Berlin gehalten. Diese wurde live übertragen, nicht ohne Übertragungsprobleme. (War das vielleicht auch eine DDoS-Attacke?!) Es durften sogar ca. 15 Studierende der HU Berlin die Rede vor Ort mitverfolgen. Meine Frage hier ist: Wie wurden diese ausgewählt? War das wie beim letzten Mal, als Studierende mit Steinmeier redeten, dass die Hochschulpräsidenten:innen diese aussuchen durften?!
Nachdem ich mir diese Rede nun mehrmals durchgelesen habe, bin ich zum Fazit gekommen, dass sie ganz nett ist. Ich gebe euch ein paar meiner Highlights zum Besten und werde diese kommentieren. Das große Motto der Rede war Hoffnung, Solidarität und dass wir doch an dieser Zeit gewachsen sind. Die Hoffnung gab es am Anfang und Ende der Rede mit diesen netten Sätzen: „Und auch wenn es nach diesem furchtbar langen Jahr Hoffnung gibt, Hoffnung vor allem durch eine Impfkampagne, die spürbar Fahrt aufnimmt in diesen Tagen“.
Die Hoffnung, dass Studierende in Brandenburg in nächster Zeit geimpft werden, ist bei mir nur sehr gering, wenn sie nicht als Impfhelfer:innen oder in anderen Bereichen arbeiten, in denen die Menschen geimpft werden. Besonders mit dem Hintergrund, wenn man so nette Artikel liest, dass Brandenburg die Erstimpfung-Terminvergabe einstellt wegen nicht vorhandenen Impfstoffes.
Im nächsten Teil der Rede geht es darum, dass wir uns in der Ausbildung befinden und gerade durch die Pandemie aufgehalten werden. Er benutzt dabei die Metapher, dass wir doch am Anfang einer Treppe sind und diese nicht erklimmen können; er geht auch auf unsere Probleme ein und dass diese nicht genug Aufmerksamkeit erhalten. Er entschuldigt das Ganze damit, dass ja alle dachten, dass diese Pandemie sich schnell wieder erledigen würde und deswegen der Fokus auf anderen Dingen lag. Er gesteht auch ein, dass es „an vielen Stellen gehakt und geklemmt“ hat, sagt aber, dass dieses nicht nur allein an der Politik lag, sondern auch an den Universitäten, die nicht auf das digitale Zeitalter vorbereitet waren. Hierzu muss man sagen: das stimmt. Aber wenn Deutschland nicht so massiv digital hinterherhinken würde und so bürokratisch starr wäre, dann wären die Hochschulen digital auch weiter gewesen.
Ich mag im nächsten Abschnitt besonders den Satz „Nach über einem Jahr sagen vermutlich viele von Ihnen: So viel Einsamkeit war nie, und so wenig Freiheit auch – es reicht uns!“ Er hat Recht, Studierende vereinsamen gerade massiv. Das Campusleben ist gerade das, was ein Studium so einzigartig macht. Wie Steinmeier in seiner Rede schreibt, sind Hochschulen Orte der Begegnung. So gut wie alle meine Freund:innen habe ich früher während des Semesters fast täglich auf dem Campus getroffen; das ist nun nicht mehr gewährleistet. Klar kann man sich online treffen. Aber wer möchte nach der x‑ten Videokonferenz, sich wieder vor den Rechner setzen für noch eine digitale Zusammenkunft?
Deswegen verstehe ich den momentanen Trend bei meinen Lehrenden nicht, dass man alles in Gruppenarbeiten machen soll. Ich vermisse diese Begegnungen in den Seminaren oder in der Mensa zum Mittagessen. Im digitalen Raum kann man sich zwar auch begegnen, dies geschieht aber nicht spontan, sondern muss vorher vereinbart werden und bei mehreren Personen kann es auch keine netten Nebengespräche geben, sondern nur ein großes Hauptgespräch.
Eine weitere interessante Sache in dem Abschnitt war, wie er beschrieben hat, dass man doch Abstecher in andere Fachrichtungen machen könnte. Dies stimmte leider schon vor Corona nicht mehr. Wer kann von sich behaupten, dass man mal ein Semester sich mit etwas komplett studiengangfernem beschäftigen konnte? Kaum jemand, da dies ein Luxus ist, den sich Viele nicht leisten können – u.a. wegen der Regelstudienzeit. Ein Problem, was sich an die Hochschulen weiterträgt, denn die sind sehr darauf bedacht, dass möglichst viele Studierende in Regelstudienzeit fertig werden.
Denn nur in der Regelstudienzeit gibt es Geld vom Staat für diese Studierende. Es ging an der FHP teilweise so weit, dass man in einem Fachbereich sogar überlegte, Studierende, die deutlich länger als die Regelstudienzeit brauchen, zur Kasse zu beten. Bei uns kann man sich auch nur mit großer Mühe mal für einen Termin oder Vorlesung von anderen Fachbereichen anmelden, da man dafür erstmal wissen müsste, worüber und wann diese denn stattfinden, was durch die Webseite der Fachhochschule nicht erleichtert wird, sondern eher nur erschwert. Hier findet ihr die das unübersichtliche Vorlesungsverzeichnis.
Als Nächstes geht es um die Ängste der Studierenden. Hierbei bezieht er sich teilweise auf die finanziellen Probleme, wobei er auf die Hilfen der Regierung hinweist und dass es doch „Gut ist, dass die Bundesregierung die Überbrückungshilfen jedenfalls für das Sommersemester 2021 verlängert hat.“ Wie ich über diese (oben erklärten) Hilfen in aktueller Form denke, sollte allen klar sein, die bis hierhin gelesen haben.
Solidarität? Welche Solidarität?
Nun kommt Steinmeier auf die Solidarität zu sprechen und erkennt auch an, dass wir solidarisch mit den Älteren waren. „Jetzt [ist es] umgekehrt auch an [uns] den Älteren, Solidarität mit Ihnen zu zeigen!” sagt er. Ich persönlich spüre diese Solidarität nicht. In Berlin wurde vor Kurzem vom Senat beschlossen, dass man, nachdem man seine Zweitimpfung erhalten hat, nach 15 Tagen wieder ein fast normales Leben führen kann. Man erhält den Status einer dauerhaft getesteten Person und kann wieder in geöffnete Kultureinrichtungen oder einkaufen gehen ohne die Auflagen zu erfüllen, die man als Nicht-Geimpfter erfüllen muss.
Inwieweit ist das solidarisch zu den Studierenden, wo die meisten noch nicht mal impfberechtigt sind oder es in nächster Zeit werden? Ihnen jetzt vorzuführen, dass sie seit über einem Jahr auf so vieles verzichtet haben und es noch länger tun müssen, weil die Gruppen, die sie durch ihr zu Hause bleiben (und digitale Lehre) geschützt haben, all diese Sachen wieder machen dürfen?
Die Regierung zeigt mit ihrer aktuellen Tatenlosigkeit auch keine Solidarität mit Studierenden oder Schüler:innen, da alle Maßnahmen, die beschlossen werden, für die Privatpersonen Pflicht sind, aber für die Wirtschaft nur optional. Damit nimmt diese willentlich in Kauf, dass sich die Infektionszahlen weiter verschlimmern. Wenn sie solidarisch sein wollten, wären die Schulen schon längst wieder im Onlinebetrieb und man hätte sich in dem einen Pandemiejahr eine Strategie für die Onlineschule ausgedacht, statt monatelang zu hoffen, dass es doch bald wieder vorbei und alles wieder normal ist. Die einzige Solidarität, die ich bei der Politik sehe, ist bei ihren Stammwähler:innen und der Wirtschaft.
Als Nächstes sagt Steinmeier, dass wir doch an dieser Pandemie gewachsen sind. Und ich bin beeindruckt von dem, was er da alles aufzählt. Studierende haben Apps entwickelt zur Kontaktnachverfolgung, Masken designt, Wege gefunden Desinfektionsmittel herzustellen, in Kliniken und Impfzentren geholfen und Crowdfunding für die Tafel und Obdachlose organisiert. Ich ziehe meine lila Mütze vor allen Studierenden, die sich in diesem überaus schwierigen Jahr für Andere eingesetzt und mitgeholfen haben, die Situation aktiv zu verbessern.
Nun folgt einer meiner Lieblingsabsätze der ganzen Rede:
„Manche unter Ihnen mögen meine Worte hören und sich denken: Da steht vor mir der Bundespräsident, sozusagen der oberste Vertreter der „weißhaarigen Generation“, und sagt durch die Blume: „Entschuldigung, dass wir euch Jungen die Gegenwart so schwer machen. Und übrigens: Die Zukunft sollt ihr bitte auch noch retten!“ Nicht gerade ein guter Deal, oder?“
Herr Steinmeier hat Recht; ich habe in dieser Rede genau das rausgehört und so wie momentan Politik gemacht wird, bestätigt sich diese Aussage für mich auch. Das Problem, was wir aktuell haben, ist, dass die Sorgen und Ängste der jüngeren Generationen nicht ernst genommen werden und deren Bemühungen Dinge zu verändern oder ein Umdenken der älteren Generationen zu erreichen, von diesen belächelt, nicht ernst genommen oder gar verurteilt wird.
Eine ungewisse Zukunft
Im letzten Teil seiner Rede wendet er sich der Zukunft zu, dass diese noch ungewiss sei und wir nicht zum Status quo zurückgehen werden können. Aber er ist sich sicher, dass wir für diese Zukunft gewappnet sind, da wir ja „den Ernstfall erprobt“ haben. Er beendet die Rede mit Hoffnung: dass wir das Ganze bald überstanden haben, wir jeden Tag weiter in die „Zukunft nach Corona“ kommen und dies das hoffentlich letzte Onlinesemester ist. Ich persönlich teile seinen Optimismus nicht, dass wir bald (aka zum nächsten Wintersemester) diese Pandemie überstanden haben – aber ich bin immer bereit mich überraschen zu lassen.
Ich wäre ja gerne noch auf Vieles weiter eingegangen, aber diese Rede ist acht Seiten lang und meine Analyse-Skills sind beschränkt. Schaut euch die Rede gerne selber an und macht euch ein eigenes Bild davon. Das ist immerhin das, was wir nach über einem Jahr gekriegt haben: acht Seiten voller Worte, die uns sein Verständnis und seine Bewunderung mitteilen, für das, was wir in einem Jahr erduldet und geleistet haben. Mir reicht das nicht aus. Ich hätte gerne Taten und nicht eine große Ansammlung von leeren Worten vom Staatsoberhaupt des Landes.
Denkt daran, wir befinden uns in einem Wahljahr und haben die Chance, die Menschen zu wählen, die uns die nächsten Jahre durch diese Krise führen sollen. Also beantragt Briefwahl, sobald es möglich ist, und bitte, bitte wählt!
Nach dieser Analyse und diesem Appell wünsche ich euch ein schönes Sommersemester. Vielleicht ist das Sommersemester in 2022 ja in irgendeiner hybriden Mischform möglich und wir können wieder offiziell auf den Campus.