Nach drei Jahren Pause wollte ich wieder wissen, was an der FHP alles los ist. Dazu habe ich Sebastian Meier, Anke Weiß und Ulrike Wuttke eingeladen, über ihre aktuellen Projekte zu sprechen und einen kleinen Einblick in ihre Arbeit zu geben. Anfang Dezember treffen wir uns in einem kleinen Besprechungsraum im Hauptgebäude. Ulrike bringt Kekse mit.
Anke
Soll ich anfangen? Ich bin Anke Weiss, ich arbeite als Koordinatorin für Auslandsmobilität und insbesondere beim Erasmus+-Programm im International Office. Ich bin vor allem dafür da, den Studierenden zu helfen ins Ausland zu gehen und den Studierenden, die zu uns kommen, einen guten Start zu ermöglichen. Gerade sind wir in der Hochphase, was die Bewerbungsfrist für die nächsten Auslandsaufenthalte angeht, die ist nämlich am 15.01. Das heißt, bei mir ist mitten im Semester gerade der Zeitpunkt, wo ich fast am meisten zu tun habe.
Sebastian
Dann mache ich mal weiter. Ich bin Sebastian Meier, aus dem Fachbereich Design. Dort habe ich die Professur für die Gestaltung von Wissensvermittlung – ein langer Titel – die sich zwischen den Studiengängen Produkt- und Interfacedesign befindet. In meiner Lehre werden ganz viele Themen von Datenvisualisierung bis Parametric Design, also wie man mit Code gestalten kann, abgedeckt.
In meiner Forschung geht es auch um Datenvisualisierung, speziell im urbanen Raum. Wir haben aktuell mit „P³Dual“ ein sehr schönes Projekt mit der Landeshauptstadt Potsdam, wo es um die Arbeitsgruppe Smart City geht. Dort sind wir, mit unserer Kollegin Emilia Knabe, direkt in das Alltagsgeschäft der Digitalisierung der Stadt eingebunden und können diese mitgestalten. Unser Teil hat einen starken Fokus auf Partizipation und wie wir das Ganze wirklich an den Bedarfen der Bürger:innen entlang entwickeln können. Im nächsten Jahr werden wir mit dem Projekt „InnoWest“ solche Innovationen auch in den ländlichen Raum überführen und schauen, was wir mit Digitalisierung im Bereich der Daseinsvorsorge dort machen können.
Ulrike
Ich bin Ulrike Wuttke und ich glaube, ich kann die Länge deines Titels, Sebastian, sogar noch toppen. Ich bin gerade tatsächlich zwischen den Stühlen, weil ich momentan eine Vertretungsprofessur für Bibliotheks- und Informationstechnologien und digitale Services an der FHP habe. Ab Januar werde ich aber reguläre Professorin für Bibliothekswissenschaft – Strategien, Serviceentwicklung und Wissenschaftskommunikation am Fachbereich Informationswissenschaften sein. Die Nachricht ist gestern erst gekommen, dass am 1. Januar offiziell der Switch stattfindet. Deshalb bin ich etwas aufgeregt und feiere das auch gerne mit euch mit meinen Keksen. Greift gerne zu! (lacht)
Mein Schwerpunkt ist also die digitale Transformation im Bereich Bibliotheken. Dazu kommt der Bereich Wissenschaftskommunikation und die Frage, welche Rolle Bibliotheken in Zukunft spielen werden.
Anke
Ich bin tatsächlich auch mit Digitalisierung beschäftigt, und zwar wird gerade das etwas eingestaubte Dokumentensystem bei Erasmus digitalisiert. Es gibt schon seit zwei Jahren das Projekt „Erasmus without Paper“, in dem jeder administrative Schritt, jedes Dokument, jede Lernvereinbarung digitalisiert werden soll. Und das ist nicht nur, wir machen aus einem Dokument ein Online-Formular draus und gut ist, sondern ein ganzer Prozess muss digitalisiert werden. Es ist schon interessant, wie wir alle was mit Digitalisierung machen – aber ich meine, wer hat das schon nicht mehr im Job im Moment.
Sebastian
Bibliotheken spielen auch bei mir eine wichtige Rolle. Bevor ich nach Potsdam gekommen bin, war ich am CityLab in Berlin, wo ich unter anderem auch mit den städtischen Bibliotheken in Berlin gearbeitet habe, auch im Bereich Digitalisierung, speziell im Bildungsbereich. Bibliotheken sind neben Wissensräumen ja vor allem auch soziale Räume, wo ganz viele Menschen zusammenkommen. Daher finde ich es auch spannend, welche Rolle Bibliotheken in Zukunft in der Stadt einnehmen können. Sie sind ja wirklich nicht mehr nur Orte, wo man Bücher oder andere Medien ausleihen kann, sondern haben auch FabLabs oder Angebote wie Bastelworkshops, wo mit Elektronik gearbeitet wird.
Das werden wir auch im Smart City-Projekt versuchen anzustoßen. In die Wissenschaftsetage, die sozusagen auf der Stadt- und Landesbibliothek obendrauf sitzt, soll nämlich das „Potsdam Lab“ reinkommen. Ziel ist, dass Wissenschaft und Bürger:innen zusammenkommen. Und dort wird auf jeden Fall auch die Frage sein, wie man das Ganze noch stärker mit den Bürger:innen, die dann unten in der Bibliothek sind, vernetzen und verbinden kann.
Ulrike
Dieses Image der Bibliothek – ein Gebäude mit Büchern drin – ist in den seltensten Fällen wirklich noch der aktive Fokus der bibliothekarischen Arbeit. Bibliothekar:innen sind heutzutage eigentlich Community Manager:innen, die natürlich auch ganz viel über die verschiedenen Medien wissen müssen und hoffentlich Liebe zu Büchern und anderen Medien mitbringen. Aber die Lesesaalaufsicht, die nur immer mal „Psst“ sagt, das ist ein sehr verstaubtes Bild. Viel mehr sind eben auch technologische Kenntnisse gefragt, um überhaupt mit digitalen Medien umgehen zu können, aber eben auch um Apps bedienen zu können.
Und wenn man sich das Grimm-Zentrum der Humboldt-Uni anschaut: die Bibliotheken sind voll. Deswegen fand ich es auch total schade, dass einer der ersten Reflexe mit den ganzen Sparmaßnahmen war, Bibliotheken zu schließen, die Heizung runterzudrehen oder weniger Öffnungszeiten zu haben. Denn in vielen Fällen sind Bibliotheken wirklich wichtige Treffpunkte.
Aber ja, Bibliotheken entwickeln sich weiter. Auch im Bereich der Internationalisierung.
Anke
Du bist doch Internationalisierungsbeauftragte, oder?
Ulrike
Genau, ich bin Internationalisierungsbeauftragte des Fachbereichs. Ich freue mich darüber, in diesem Semester eine schöne Sache zum Abschluss gebracht zu haben: eine neue Kooperation mit einer Fachhochschule in Graubünden, in der Schweiz, und dem dortigen Institut für Informationswissenschaften.
Das Lustige ist, ich habe den Leiter des Instituts auf einer digitalen Bildungsmesse getroffen, wo man zwischen verschiedenen Räumen switchen konnte. Und da sind wir über das Thema Internationalisierung ins Gespräch gekommen, und er erzählte, dass seine Studierenden vor allem nach Deutschland gehen. Und ich meinte, dass es bei uns ähnlich ist; wir hätten auch gerne, dass sie irgendwo hingehen, wo sie vielleicht Englisch lernen oder so. Aber sie gehen vor allem dorthin, wo sie Deutsch sprechen können. Im weiteren Verlauf hat sich dann ergeben, dass wir eine Kooperation versuchen könnten, und so ist es dann entstanden.
Mich würde interessieren, wie es bei Euren Studierenden ist. Gibt es auch diese leichte Berührungsangst mit Englisch?
Sebastian
Ich kann jetzt nicht für alle Studierenden sprechen, es gibt schon einige, die im deutschsprachigen Raum bleiben. Aber darüber hinaus ist es durchmischt, also von Kooperationen mit Malmö, bis hin zu Taiwan mit der Uni in Taipei – da gibt es wirklich ein ganz großes Spektrum, was du Anke wahrscheinlich bestätigen kannst. Vielleicht hat das auch etwas mit dem Fachbereich oder der Studiengangskultur zu tun, wie man sich vernetzt und wie die Community aufgestellt ist, was im Design vielleicht einfach internationaler aufgestellt ist als bei den Bibliotheken. Obwohl es ja auch gerade im nordischen Bereich tolle Beispiele für moderne Bibliotheken gibt.
Anke
Das Angebot schafft auch die Nachfrage – also wo gibt es Partner, wo lerne ich die Sprache einfach, oder wo habe ich vielleicht schon in der Schule die Sprache schon gelernt? Da ist immer so die Frage: will ich ins Ausland, weil ich meine Sprachkenntnisse verbessern will, oder will ich eigentlich die Erfahrung mitnehmen und mich vielleicht fachlich vernetzen oder wie auch immer? Da gibt es so viele Anknüpfungspunkte, dass es total wichtig ist, dass wir uns breit aufstellen und ein gutes Angebot schaffen.
Sebastian
Klimawandel-technisch finde ich es auch durchaus förderlich zu schauen, was im näheren Umfeld von Deutschland stattfindet. Wir schauen gerade zum Beispiel, wie man die Kooperation mit Mailand noch ausbauen könnte. Auch sonst wollen wir untersuchen, was Regionen sind, wo man andere Design-Perspektiven bekommt, aber trotzdem noch im Zug hinfahren kann und nicht einen Tag im Flugzeug sitzt, um hinzukommen.
Anke
Das braucht es auch. Die Nachfrage von Studierenden und von Lehrenden ist da. Über Erasmus gibt es auch erste Schritte – es gibt jetzt immerhin eine Pauschale von 50 € zusätzlich, wenn man mit dem Zug oder einer Fahrgemeinschaft ins Ausland an- oder abreist. Das ist natürlich noch nichts, wenn man überlegt, wie teuer so ein (Nacht-)Zugticket ist. Aber es gibt da erste Bewegungen. Wir als Hochschule haben uns vor Corona auch schon damit stark beschäftigt. Viele haben z.B. die Selbsterklärung für Dienstreisen unterzeichnet, also dass man unter einer bestimmten Kilometer- oder Reisestundenzahl darauf verzichtet, zu fliegen. Das dürfen wir auf keinen Fall aus den Augen verlieren, das geht auch gar nicht anders.
Ich glaube, es ist auch nicht für alle interessant, ein Auslandssemester zu machen, wenn sie sich wirklich der Frage stellen: Klimawandel – wie kann ich nachhaltiger leben? Das merke ich schon in der Beratung, und deswegen ist es total wichtig zu schauen, was es vielleicht auch für digitale Kooperationsmöglichkeiten gibt.
Ulrike
Die Coronazeit hat da auch viel in Bewegung gebracht. Das ist schon eine sehr anstrengende Zeit gewesen mit psychologischen Umwälzungen, aber wenn wir zwei, drei Jahre weiter sind, werden wir auch sehen, dass es ein ganz starker digitaler Schub nach vorne war. Dass man zum Beispiel mit einer studentischen Gruppe aus dem Ausland ein Seminar zusammen machen kann, ohne dass sie sich in echt treffen, das hätte vorher gar nicht als Option im Raum gestanden. Das gibt einem ganz andere Möglichkeiten, wie man die Kontakte ausbauen kann.
Auch die Frage: Wird die Bibliothek jetzt überflüssig, weil die ganzen Ressourcen online sind? Nein! Die Leute kommen trotzdem hin, aber sie machen dann andere Sachen. Oder auch digitale Konferenzen: In diesem Jahr habe ich zusammen mit der Universität Potsdam eine digitale Konferenz ausgerichtet, die zwar eigentlich hybrid stattfinden sollte, aber als es mit der Corona-Lage kritischer wurde, dann komplett online durchgeführt wurde. Und das hat uns die Möglichkeit gegeben, fast 1.200 Leute digital zusammenzubringen. Das hätten wir am Campus natürlich nie in dieser Masse abbilden können.
Anke
Stell dir vor, 1.200 Leute auf dem Campus! Das wäre schon eine andere Aufgabe als einfach nur die Konferenzräume zur Verfügung zu stellen. Man muss ja z.B. auch Unterkünfte suchen, was für in Berlin und Potsdam wahnsinnig schwierig ist. Daher freut es mich, dass das Digitale so erfolgreich war und ihr so viele zusammenbringen konntet – Wahnsinn!
Sebastian
Wir hatten auch im November das CityVis-Symposium, was zuerst einen öffentlichen Teil und danach einen wissenschaftlichen Workshop hatte. Aus Europa sind für den wissenschaftlichen Workshop teilweise auch Leute angereist, aber wir hatten Leute aus Thailand, Taiwan und den USA, die virtuell dazugeschaltet waren. Und das ist schon toll, dass man dann internationale Akteur:innen virtuell dazu holen kann. Dass man für sowas extra aus den Staaten hier hinfliegen muss, ist einfach nicht gerechtfertigt – aber die Menschen trotzdem dabei haben zu können, ist großartig.
Ulrike
Ich habe das auch immer gerne, in der Lehre Gäste aus der Praxis zu haben. Lange hatte ich dabei den Fokus auf lokale Gäste, also aus Potsdam und Berlin. Durch die digitalen Möglichkeiten ist es jetzt schon einfacher zu sagen: Wir laden jetzt eine Referentin der Universitätsbibliothek in Jena zum Kurs ein. Und ich habe schon das Gefühl, dass es für die Studierenden gar nicht so ausschlaggebend ist, dass Personen nur digital dazukommen, weil sie sowieso nur kurz da sind.
Sebastian
Das sehe ich auch so. Wir hatten für unsere Jahresausstellung ganz tolle Speaker:innen aus der ganzen Welt, die virtuell dazu geschaltet waren. Sie wären sonst niemals nach Potsdam gekommen! Und die Studierenden waren total begeistert von den tollen Vorträgen. Das würde ich jetzt auch nicht mehr missen wollen, dass man solche Möglichkeiten nutzt. Man hätte es ja auch eigentlich schon vor Corona machen können, aber irgendwie war der Habitus nicht da, das in den Alltag so einzubauen.
Ulrike
Ich musste irgendwie gerade an den Slogan denken: Think global, act local. Und ein Beispiel, was ich super gerne erzählen wollte, ist etwas Interdisziplinäres, was sich bei mir ergeben hat. Über die Internationalisierung habe ich Kontakt zu einer Dozentin im Fachbereich 1 bekommen. Zuerst haben wir gedacht, wir machen zusammen ein Internationalisierungsprojekt, wir sind aber letztendlich bei einem sehr schönen lokalen Projekt gelandet, welches sich um Bornstedt dreht. Also dem Stadtbezirk, in dem die FHP eingebettet ist.
Im Seminar geht es darum, wie Leute hier im Stadtbezirk leben, was sie damit verbinden und was sie für Geschichten haben. Das schauen wir uns aus verschiedenen Perspektiven an. Eine Frage ist, inwiefern wir durch diese Geschichten eine Verbindung zum Stadtbezirk schaffen können, auch zwischen der FHP und dem Stadtbezirk. Bornstedt ist ja noch sehr jung – das ist mir erst durch diesen Kurs so bewusst geworden. Als ich 2017 das erste Mal hergekommen bin, dachte ich, es ist ein Stadtbezirk wie jeder andere in Potsdam. Um dann zu erfahren, dass hier vor 30 Jahren nichts war, nur ein militärisches Gelände. Und dann kam irgendwann die Fachhochschule, und dann hat sich alles so entwickelt. Das finde ich sehr spannend.
Sebastian
Früher war alles Natur hier außen rum, es ist verrückt, was in den letzten zehn Jahren hier alles passiert ist. Ich habe noch im alten Gebäude drüben studiert und den Master gemacht. Danach kam erst das Haus D und der Umzug dorthin.
Anke
Diese Verbindung zum Stadtbezirk ist auch das, was du vorher meintest, oder? Also von der Fachhochschule aus zu schauen, wie die Community-Strukturen in der Nachbarschaft sind, und wie man sie überführen und zusammenbringen kann.
Ulrike
Genau. Vieles kann man aus der bibliothekarischen oder informationswissenschaftlichen Seite unterstützen. Die Studierenden haben schon eine Art Rechercheguide entworfen, den wir auch online stellen wollen, damit auch die Bürger:innen aus dem Stadtbezirk – Schlagwort Citizen Science – sich dann inspiriert fühlen und sagen: Ich will mehr wissen, als was in der Wikipedia steht. Und das ist eine spezielle Kompetenz, die wir als Fachbereich in den Kurs einbringen.
Aus dem Fachbereich Design sind auch Studierende dabei, und die bringen wiederum Fähigkeiten aus dem Designspektrum ein. Sie wollen z.B neben einer digitalen auch eine haptische Karte machen. Und was sie da für Methoden mit einbringen, das war etwas, woran ich mit meinem informationswissenschaftlichen Hintergrund überhaupt nicht gedacht hätte.
Nächsten Freitag bekommen wir den Prototypen der Karte vorgestellt, nachdem wir lange darüber diskutiert haben. Das waren solche Findungsprozesse, wo man zwischendurch denkt: Oje, das wird gar nichts mehr! Und dann gibt es auf einmal diesen Durchbruchmoment und dann entfaltet sich auch das Potenzial. Da muss man Vertrauen in den Prozess mitbringen.
Sebastian
Jetzt bin ich aber sehr neugierig, was da entsteht. Ich arbeite gerade auch mit zwei Studierenden an einer großen 3D-gedruckten Potsdam-Karte, die wir für Datenvisualisierungen benutzen wollen. Von Potsdam gibt es nämlich offene Daten von den ganzen Gebäuden, was sehr schön ist. Es war aber trotzdem gar nicht so einfach, das entsprechend zu modellieren. Jetzt haben wir aber eine Kooperation mit unserer Präsenzstelle in Luckenwalde, weil diese große 3D-Drucker haben. Damit können wir große Kacheln produzieren, die ca. 50 x 50 cm groß sind.
Ziel ist dann, das Modell für Visualisierungen zu benutzen, also Stadtthemen obendrauf zu projizieren. Ich arbeite auch viel im Ausstellungskontext, also wie Wissensvermittlung in Museen und in anderen Kontexten funktioniert. Und da haben wir in der Vergangenheit festgestellt, dass die Kombinationen von digitalen und physischen Objekten in der Vermittlung sehr gut funktioniert. Also wenn man die Menschen nicht nur vor einem Screen stellt, sondern wenn es auch wirklich was Haptisches gibt, was das Ganze unterstützt.
Ulrike
Spannend! Wir bereiten auch schon einen neuen Antrag für einen InterFlex im nächsten Semester vor. Die Idee ist, es stärker auf Architektur auszurichten, weil die städtebauliche Entwicklung auch ganz spannend ist. Das Thema hat einfach so viele Facetten!
Anke
Ich habe immer das Gefühl, dass sich die Studierenden vor allem auf das Casino konzentrieren, auch die internationalen Studierenden. Wir hatten letztens einen kleinen Adventsabend für internationale Studierende organisiert, und sie haben erzählt, dass sie gar nicht so viel vom Campus runterkommen, sondern vor allem ins Casino gehen und dann vielleicht eher in der Innenstadt oder in Berlin sind. Deswegen finde ich es auch super spannend, den Stadtteil auch näher zu bringen. Vielleicht auch mit Karten, die man allen Studierenden, die neu ankommen, neben dem Campusplan geben kann.
Ulrike
Die Zeit, wo wir nicht am Campus waren, hat auch eine gewisse Lücke geschlagen, den Campus wirklich als Ort wahrzunehmen. Wir haben eine Generation Studierender gehabt, die zuerst überhaupt nicht am Campus war und erst im dritten oder vierten Semester überhaupt hierher gekommen ist. Da ist es gar nicht so einfach, diese Bindung mit dem Campus zu schaffen. Das Casino spielt dabei sicherlich eine wichtige Rolle.
Ich finde es auch total gut, dass die Weihnachtsfeier in der Bibliothek stattfindet. Und da sind wir tatsächlich wieder bei der Bibliothek als sozialer Raum, der auch ein Ort sein kann, wo man als Community zusammenkommt. Manchmal wird dann darüber diskutiert, dass sie dadurch nicht mehr als wissenschaftlicher Ort wahrgenommen wird. Aber das glaube ich nicht – damit kann man überhaupt die Schwelle überwinden, in die Bibliothek zu gehen und sie wahrzunehmen. Und wenn das erstmal über so ein Angebot ist, dann kommen die Leute auch wieder und machen Gebrauch von den anderen Dienstleistungen.
Anke
Deine Kekse sind übrigens super lecker, ich esse hier schon ganz fleißig! (lacht)
Sebastian
Was mich beim Bornstedt-Seminar noch interessieren würde: Habt ihr euch auch den Campusgarten als Begegnungsort angeschaut?
Ulrike
Ja, wir haben mit dem Campusgarten kooperiert und ihn als Ort vorgestellt, der Verbindungen zwischen FHP und Nachbarschaft hat – mit seinen positiven Aspekten als auch mit den möglichen Problemen, die entstehen können, wenn der Raum eine andere Nutzung hat als was z.B. die Hochschulleitung vorsieht. Das macht es aber auch wieder recht spannend, also den Campus als Ort für die Nachbarschaft und nicht nur für die Hochschule zu sehen.
Wir hatten am Anfang des Seminars eine Gruppe von Senior:innen zu Besuch, um sie zu befragen. Und sie haben gesagt, dass sie gerne eine Campusführung hätten. Das haben zwei Studierende dann vorbereitet und alles gezeigt. Die Senior:innen waren davon wirklich begeistert und haben noch lange mit uns diskutiert. Dann haben die Studierenden gefragt, ob sie Fragen an die Studierenden haben. Und dann meinten sie: Die neue Generation, die macht ja so einen Wirbel um das Gendern – könnt ihr uns das erklären? Und das haben die Studierenden dann auch erklärt, was ich toll fand, um am Ende meinten sie: Okay, wenn ihr das so sagt, dann verstehen wir auch besser, wieso das für euch so wichtig ist. Und da war dann auch wirklich ein Stückchen Verständnis zwischen den Generationen gewachsen, was ich super spannend fand.
Sebastian
Den Campus als Begegnungsort finde ich ein total schönes Konzept. Wir haben ja auch häufig Ausstellungen im Hauptgebäude, wo eigentlich auch Externe gut reingehen können. Und ich finde, das gehört irgendwie dazu, dass man bei den unterschiedlichen Nutzungsarten gewisse Formen von Stress ertragen muss. Wenn dann nachts Jugendliche auch mal rumgeistern und den Campusgarten nutzen, dann muss man einfach kreative Lösungen finden, wie man diese verschiedenen Nutzungsformen harmonisch zusammenbringt und dafür gemeinsam als Campus und Nachbarschaft gute Lösungen findet. Und genau das Beispiel mit den Senior:innen ist ein großartiges Beispiel, wie so etwas gut laufen kann.
Ulrike
Zu dem Zeitpunkt war auch die Ausstellung zu den FrauenOrten im Foyer des Hauptgebäudes. Das haben sie sich auch sehr interessiert angeschaut und dann gemeint, dass sie noch einmal wieder kommen wollen. Bis zu dem Zeitpunkt war ihnen das Vorhandensein der Ausstellung nicht bewusst, und ich glaube, das ist wieder eine ganz lapidare Kommunikationsfrage. Die FHP bewirbt das sicherlich über Instagram oder über den E‑Mail-Verteiler. Aber wie erreicht man jetzt Senior:innen in Bornstedt? Steht das dann auch in diesen Wurfzeitungen, die sie vielleicht am ehesten lesen? Wer am Campus vorbeiläuft, weiß gar nicht, dass man hier willkommen ist und es auch Angebote für Nichtstudierende gibt.
Sebastian
Ich finde auch, dass die Hochschule innerhalb der Stadt gegenüber den Bürger:innen durchaus präsenter sein könnte. Wir haben bei unserer Ausstellung gemerkt, dass in Potsdam diese Kulturstelen, die man mieten kann, oder auch die Werbung in der Tram tatsächlich gesehen werden, und dass Leute einen auch darauf ansprechen. Strategisch wäre es schon durchaus interessant, die Hochschule auch ein bisschen stärker in die Stadtgesellschaft hineinzutragen und sichtbarer zu machen.
Es gibt natürlich eine große Konkurrenz in Potsdam. Als Wissenschaftsstandort gibt es ganz schön viele Institutionen, die sich hier angesiedelt haben, wo wir natürlich nur eine von den ganzen Akteur:innen sind. Nichtsdestotrotz sind wir ein wichtiger Player innerhalb des Feldes und könnten dadurch auch mehr für das lokale Marketing tun. Wir haben ja alle möglichen öffentlichen Veranstaltungen hier, ob es die Jahresausstellung am Fachbereich Design ist, ob es Vorträge sind oder Ringvorlesungen. Es wäre schön, so etwas sichtbar zu machen und damit auch den Diskurs, der an der Hochschule stattfindet.
Ulrike
Und dass die Fachhochschule stärker wahrgenommen wird, auch gegenüber der Universität, damit deutlich wird, dass wir ein eigenständiger Player sind. Das könnte in den nächsten Jahren etwas stärker im Fokus stehen.
Anke
Auch der Ort selbst spielt eine Rolle. Als ich meinen ersten Tag zum Vorstellungsgespräch gekommen bin, fand ich den Campus richtig schön und hatte richtig gute Laune danach! Es war jetzt auch im Sommer, (lacht) ich kann mir aber schon vorstellen, dass wenn man mehr Leute einlädt und die dann auch hierherkommen, es sicherlich hilfreich ist, um sie längerfristig zu uns zu bringen.
Vielen Dank für das spannende Gespräch!