Sportsfreund*in, Streber*in oder Sofamuffel?

In diesem Beitrag möchte ich mich dem Thema „Hoch­schul­sport“ (HSSP) widmen. Dazu habe ich mir ein Stim­mungsbild unter Kommiliton*innen gemacht und Julia Schoen­berner befragt, die stell­ver­tre­tende Lei­terin für Kom­mu­ni­kation der Uni­ver­sität Potsdam vom Zentrum für Hochschulsport.

Wann waren die Anfänge des HSSP und was sollte man über die Geschichte wissen?

J. Schoen­berner: „Die Geschichte des Hoch­schul­sports an sich und die rasante Ent­wicklung der letzten Jahre sind eigentlich das Besondere. Der Hoch­schul­sport exis­tiert im Grunde genommen länger als die Hoch­schule selbst, da er bereits lange vor der Wende ein Teil der Päd­ago­gi­schen Hoch­schule war. Zu dieser Zeit war Sport übrigens für jeden Stu­die­renden Pflicht; dafür aber auch kostenlos.

Der Hoch­schul­sport heute und damals sind nicht zu ver­gleichen. Nicht nur, dass nur noch Frei­willige zu uns kommen, auch das Sport­an­gebot ist am Trend ori­en­tiert, wesentlich kos­ten­in­ten­siver aber auch qua­li­tativ hoch­wer­tiger. Die Kurse werden nicht mehr von Sport­leh­re­rinnen und ‑lehrern, sondern in erster Linie von stu­den­ti­schen Übungs­lei­tenden gegeben. Nach der Wende standen die Stu­die­renden in langen War­te­schlangen vor den Büros, um sich in einen der damals schon begehrten Kurse ein­tragen zu lassen. Heute muss man zu Buchungs­beginn nur schnell am Rechner sein, egal an welchem Ort der Welt.“

Ich hatte bisher immer Glück und bin in alle Kurse rein­ge­kommen. Mein Tipp: Wenn es in der ersten Vor­lesung *psst* zu lang­weilig ist, dann solltest du nach einem span­nenden Sportkurs suchen, im Kalender eine Erin­nerung zum Beginn der Buchung machen, zum Anmelden einen guten WLAN-Spot finden und ran an den Speck!

Im Win­ter­se­mester 2018/19 gab es bei­spiels­weise ein Angebot von 916 Kursen, 526 davon im Semester und 390 in den Ferien. Dieses Angebot haben 15.362 Teilnehmer*innen genutzt, davon 775 Stu­die­rende und 93 Beschäf­tigte der FH. Damit wurden 5,5% des Ange­botes durch unsere FH besucht. Laut J. Schoen­berner liegt der Teil­nah­me­schnitt bei ca. 1,5 Kursen pro Teilnehmer*in.

Bei unserer Umfrage an der Mensatafel haben wir gefragt: Wie viele Sportkurse besuchst du in diesem Semester?


Bei 53 Umfrage-Teil­neh­menden mit 55 Kursen haben wir einen Schnitt von 1,04 Kursen pro Teilnehmer*in.

Von Acht­samkeit, über Baby­schwimmen, CrossFit, Dra­chenboot, Fußball, Gerä­te­turnen, Hockey, Impro­vi­sa­ti­ons­theater, Jumping Fitness, Klettern, Line Dance, Massage, Nin­jutsu, Olym­pi­sches Gewicht­heben, Parcour, Quid­ditch, Rücken­schule, Segeln, Tram­po­lin­turnen, Vol­leyball, Wandern und Yoga bis ZUU – hier ist auch für Sofam­uffel was dabei!

Mensatafel: Mit welchem Buchstaben beginnt die Sportart, die du in diesem Semester beim HSSP ausübst?

Die Tafel zeigt, dass es eine Person gibt, die wohl ent­weder Quid­ditch spielt oder Qi Gong macht. Außerdem sind offen­sichtlich die Y‑Kurse sehr beliebt – 8 von 49 Sport­arten sind ver­mutlich eine Form von Yoga, das ent­spricht ca. 16%. Alle anderen Buch­staben bleiben ein kleines Rätsel 😀

Welche Kurse sind am beliebtesten?

J. Schoen­berner:Das sind Group Fitness, Ball­sport und Body & Mind. Dabei im Spe­zi­ellen Jumping Fitness, Body­styling, Vol­leyball und Yoga – in jeg­licher Form. Trotz des großen Kurs­an­gebots in diesen Sport­arten sind die Kurse meist sofort belegt und haben lange Wartelisten.“

In den vier Jahren meines Stu­diums habe ich zum Bei­spiel Rea­lis­tische Selbst­ver­tei­digung, Indoor und Outdoor Fitness, HIIT & Core, Body­styling und Standard-Latein aus­pro­biert. Mir hat es immer am besten gefallen, im Sommer draußen Sport zu machen und durch die feste Zeit des Kurs­termins keine Ausrede mehr fürs Fau­lenzen zu haben. In diesem Semester ent­decke ich Yoga­lates und Kanu­fahren für mich.


© Caroline Riedel-Gitter

Beim Kanu­fahren für Anfänger*innen und Fort­ge­schrittene machen wir (egal bei welchem Wetter, außer Gewitter) 2‑stündige Touren im 1er oder 2er Kanu. Zwi­schen Her­manns­werder, Glie­nicker Brücke oder Freund­schafts­insel lernen wir die richtige Pad­del­technik, gängige Schiff­fahrts­regeln und sammeln den einen oder anderen Müll ein. Wir üben das Manö­vrieren mit oder gegen den Wind, wie man das Ziel fokus­siert und dabei nicht abtreibt.

Nebenbei ent­decken wir die schönsten natur­ge­schützten Fleckchen Erde entlang der Havel. In wenigen Wochen habe ich von Schwa­nen­küken über Biber und Grau­reiher so einige Tiere ent­decken und die Ruhe auf dem Wasser genießen können. Ich kann da immer für 2 Stunden die Welt ver­gessen. Beim letzten Mal haben wir bei per­fektem Bade­wetter das Kentern, Boot aus­leeren und wieder ein­steigen geübt.

Und was machen meine Kommiliton*innen so neben dem Studium?

Mo: „Nee ich mach keinen Kurs. Ich bin halt fit! Ich fahre ganz­jährig Fahrrad, das reicht.“

An: „Ich gehe Schwimmen, das ist gut und super günstig!“

So: „Ich mache Bauchtanz. Alle anderen Kurse waren schon voll und dann dachte ich, das wäre lustig.“

Ru: „Dieses Jahr mache ich Kanu­sport, vorher habe ich das Angebot von Rücken­sport, Fit­ness­studio und Müll­sammeln genutzt.“

Ma: „Im Winter gehe ich in die Sauna, dieses Semester mache ich Systema.“

Wie funktionieren eigentlich die Strukturen hinter dem Hochschulsportangebot?

Hinter dem Hoch­schul­sport ver­birgt sich eine inhalt­liche und orga­ni­sa­to­rische Zusam­men­arbeit des Zen­trums für Hoch­schul­sport (ZfH) und dem Verein zur För­derung des Hoch­schul­sports e.V. (Verein).

Das ZfH der Uni­ver­sität Potsdam (UP) orga­ni­siert das Frei­zeit­sport­an­gebot für Stu­die­rende und Beschäf­tigte der UP, der Alumni der UP, der Fach­hoch­schule Potsdam und der Film­uni­ver­sität Babelsberg Konrad Wolf. Kurse und Ver­an­stal­tungen, die in den Sport­stätten der Hoch­schulen statt­finden, werden in der Gebüh­ren­ordnung des ZfH geregelt.

Der Verein regelt alle Kurse, Ver­an­stal­tungen und Teil­nahmen, die in städ­ti­schen Sport­stätten statt­finden oder die zum Bei­spiel auf­grund der Kos­ten­in­ten­sität oder des Teil­neh­mer­status’ aus dem Rahmen der Gebüh­ren­ordnung her­aus­fallen. So können bei freien Kapa­zi­täten weitere gewünschte Per­so­nen­kreise teil­nehmen und bei­spiels­weise über den Sport die Ver­bindung zur Uni­ver­sität zu halten.

Dieses Kon­strukt aus ZfH und Verein bündelt die Akti­vi­täten und Kapa­zi­täten und ist not­wendig, um das Sport­an­gebot in hohem Umfang zur Ver­fügung zu stellen.

Welche Kurse finden auf dem Gelände der FH statt? Und was ging durch den Standort am Alten Markt verloren?

J. Schoen­berner: „Der Wegfall des Raumes am Alten Markt war für uns ver­heerend. Wir konnten dort rund 600 bis 650 Kurs­plätze pro Woche anbieten, das waren ins­gesamt ca. 1200 Teilnehmer*innen pro Semester. Die Kurse müssen wir nun alle „irgendwie“ auf andere Sport­räume ver­teilen. Der alte Fit­nessclub in der Breiten Straße, das beFIT musste zum Bei­spiel weichen, um dort Kurse anbieten zu können. Einen adäquaten Ersatz haben wir aller­dings bis heute nicht. An der FH direkt bieten wir momentan einige Tanz­kurse mit ca. 150 Kurs­plätzen an.“

Wer sind die Trainer*innen und wie kann man es bei Interesse & Expertise werden?

J. Schoen­berner: „Trainer*in kann eigentlich jede*r werden, der*die Spaß am Sport generell und natürlich der Sportart hat. Eine Übungs­leiter-Lizenz oder Aus­bildung ist ein super Zusatz, aber für eine Tätigkeit nicht zwingend erfor­derlich. Initia­tiv­be­wer­bungen nehmen wir jederzeit gern entgegen.“

Was sind die Besonderheiten des Hochschulsports bzw. die größten Vorteile gegenüber anderen Sportangeboten der Stadt?

J. Schoen­berner: „Die größten Vor­teile liegen sicher im breiten Angebot – so viele Sport­arten bietet im Großraum Potsdam niemand an, die stu­den­ti­schen Preise und die kurzen Lauf­zeiten. Man ver­pflichtet sich zu nichts und kann vieles aus­pro­bieren. Selbst im Fit­nessclub kann man mit einem Monats­ticket starten. Ins­gesamt ist unser Angebot spe­ziell auf die Bedürf­nisse der Stu­die­renden zuge­schnitten und an ihre Semes­ter­zeiten angepasst.“

Auf­grund der Daten­schutz­richt­linien war es nicht möglich, an Infor­ma­tionen zum Feedback von Teil­neh­menden zu gelangen.

Mensatafel: Was gefällt euch am besten am Hochschulsport?


Morgens mit dem Kaffee zur S‑Bahn flitzen oder fleißig den Han­dy­daumen trai­nieren zählt nicht! Wenn dich dieser Beitrag moti­viert hat und du noch keinen Sportkurs besuchst, dann buche doch hier ganz unten direkt einen der aktu­ellen Restplätze!