Von wegen zweieinhalb Monate Freizeit! Fünf Studierende erzählen, wie sie ihren Sommer verbracht haben – zwischen Urlaub, Jobs, Praktika, Hausarbeiten und latentem Prüfungsstress.
Paul – Kommunikationsdesign
Vorlesungsfreie Zeit. Das bedeutet: Ich stehe morgens so gegen 16:30 auf, trinke 5 Liter Kaffee, rauche eine Stange Marlboro Gold und danach ziehe ich mich an. Nein, natürlich nicht. Es bedeutet: Ich stehe spätestens um 9 Uhr auf, koche mir einen grünen Tee und arbeite an meinen freien Projekten. Portfolio ausarbeiten, endlich mal die eigene Website an den Start bringen, Praktikumsplatz fürs nächste Semester finden. Es gibt viel zu viel zu tun. Auch in den Ferien. Na ja, womöglich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen.
Die Gedanken streifen noch das eben zu Ende gegangene Semester; was war das wieder für eine kompakte, vollgestopft mit Wissen, Erkenntnissen und Problemen befüllte Zeit, die vorbeiflog wie im Rausch. Und jedes Jahr am Ende wünsche ich mir, das Semester könnte noch 1–2 Monate länger gehen. Gerade wenn man so richtig warm gelaufen ist und in den einzelnen Themen steckt, heißt es: Endpräsentation und Tschüssikowski! Danach fällt die Lernkurve abrupt ab. Ich würde mir wünschen, dass man hier die Zeiten noch besser ausloten würde.
Ich denke, früher oder später sehnt man sich in die Studienzeit zurück, mit all seinen Möglichkeiten und Angeboten, Neues zu erfahren. Für die Barcelonatrips, Technoraves und Festivals, auf denen man sich gegenseitig mit Farbe beschmeißt, bleibt dann immer noch Zeit. Natürlich spreche ich nicht von denjenigen, welche ihr Praktikum oder einer Anstellung nachgehen. Das Glück ist mit den Tüchtigen heißt es doch! Aber ich war noch niemals in New York. Das ist schon so eine Sache mit der Work-Life-Balance.
Kauri – Kulturarbeit
Schöne freie Zeit, das denkt man sich am Anfang der Semesterferien. Und sie ist auch schön, der Sommer hat sich dieses Jahr von seiner besten Seite gezeigt. Doch die Zeit ist dann nur teils frei. Ich habe in diesem Semesterferien sehr viel Zeit in Zügen verbracht, auf dem Weg vom Urlaub zur Familie oder zu Freunden.
Weniger Zeit habe ich mit Hausarbeiten und Co. verwandt. Um ehrlich zu sein, glaube ich sogar, dass ich mehr Stunden in Zügen verbracht habe, als ich an meiner Hausarbeit geschrieben habe. Und noch weniger Zeit habe ich in meiner Wohnung in Potsdam verbracht, da war ich tatsächlich auch immer für ein paar Tage zu „Besuch“, eigentlich nur um zu waschen. Aber in den Semesterferien haben für mich meine Familie und meine Freunde Priorität. Ich hatte Glück, dass ich vergleichsweise wenig (zwei Hausarbeiten) in den Semesterferien für die Uni machen musste, und auch die Klausuren alle in der ersten Prüfungswoche hinter mir hatte.
Manche meiner Kommiliton*innen fahren in 2 bis 4 Stunden nach Hause, das lohnt sich mal für einen schnellen Wochenendausflug. Ein großer Teil meiner Familie wohnt aber in Österreich, da fährt man dann schon einen ganzen Tag, um sich mal wieder zu sehen. Neben den Besuchen von Familie und Freunden habe ich die Zeit auch genutzt um Urlaub zu machen, natürlich bleibt auch da die Arbeit für die Uni schon mal auf der Strecke, oder (wird mit der passenden Motivation) auf der Strecke gemacht. Wie sich herausstellte, lässt sich in einem Zug erstaunlicherweise besser arbeiten als in den eigenen vier Wänden.
Anja – Archiv
Die Kombination aus Semesterferien und Familienleben (inkl. zur Arbeit pendelnder Mann, zwei Kindern und einer Babykatze) ist wie ein netter kleiner Spaziergang durch die Wüste.
Dabei fing doch alles so gut an. Bei Freunden konnten meine Familie und ich endlich mal die Füße im Pool baumeln lassen. Das Wetter war schön und wir haben immer draußen was unternommen. Doch gleich danach ging es ins Pflichtpraktikum; acht Wochen lang, 40 Stunden, unbezahlt. Die sonnigen Tage draußen zu verbringen war vorbei. Das Wetter kippte Ende August auch ins bewölkte, regnerische. Da lohnte es sich nicht mal mehr die Mittagspause draußen zu verbringen.
Nebenbei musste ich noch zwei Hausarbeiten schreiben und dabei die Abgabefristen einhalten. Lieber zu spät als nie, dachte ich, als die Hausarbeiten fünf Minuten vor Abgabe um 23:55 in Moodle waren. Alles andere was ich auf die Zeit nach dem Praktikum aufschieben konnte, wurde dahin geschoben. Mal sehen, wie schnell der Stapel dann abgearbeitet werden kann. Aber jetzt kann ich schon sagen, „Semesterferien“ könnte ich das nicht bezeichnen!
Tim – Bauingenieurwesen
Die vorlesungsfreie Zeit nutze ich meistens, um mich vom Studienstress zu erholen. Dieses Mal auch, um einige Praktika zu absolvieren und einen Überblick zu erhalten, in welche Richtung ich selbst einmal gehen möchte.
Die Praktika müssen (leider) immer mindestens vier Wochen lang sein und haben feste Arbeitszeiten. Da bleibt am Abend nicht sehr viel Zeit übrig. Parallel dazu bekommt man so einiges an Hausarbeiten über die vorlesungsfreie Zeit. Einige arbeiten in Gruppen, denn da ist es am Ende ja angeblich „weniger Arbeit für den Einzelnen“. Wenn jedoch alle Teammitglieder ihre eigenen Termine haben und/oder selbst fest in ihren Praktikumsplätzen eingebunden sind, ist es nicht gerade einfacher, die Arbeit schnell zu erledigen und abzugeben.
Einige der Arbeiten kann ich auch nur in der FH machen, da die geforderten Programme nur dort zur Verfügung stehen. In der Woche ist durch das Praktikum so gut wie keine Zeit (außer man mag Nachtschichten), wodurch sich alles auf das Wochenende verschiebt. Dazu kommt dann noch die Vorbereitung auf die Klausuren und die sind nicht mal so eben gemacht. Aufzeichnungen zusammensuchen, Texte lesen und alles umfassend verstehen und merken, das nimmt Unmengen an Zeit in Anspruch. Und am Ende bleibt eigentlich keine freie Zeit mehr übrig für sich selbst.
Juliana – Soziale Arbeit
Bevor ich in die vorlesungsfreie Zeit und meinen Urlaub gehen konnte, musste ich noch meinen Sozialreport vorlegen (das Ergebnis von zwei Semestern Werkstatt) und eine Rechtsklausur schreiben. Ein weiterer Test erwartete mich noch in der zweiten Prüfungswoche im September. Ich nahm mir vor, in meiner freien Zeit dafür zu lernen. Bis dahin wollte ich Urlaub in Kroatien und Italien machen, jeweils nur für ein paar Tage. Und Italienisch in einer Sprachschule weiterlernen. Nebenbei noch arbeiten, um diese Pläne auch verwirklichen zu können. Und ich wollte endlich Sport treiben.
Nachdem ich die Rechtsklausur geschrieben hatte, bin ich als Erstes mit meinem Freund nach Italien, um seine Familie und Freunde zu sehen. Für mich war der Besuch in Italien genauso wie meine Familie in Kolumbien zu sehen: die Familie meines Freundes begrüßt mich immer, als wäre ich eine Tochter, Schwester, Enkelin oder Nichte. Ich habe dort so viel gegessen, dass ich wusste, wenn ich nach Berlin zurückkomme, würde ich keine Lust mehr haben, Sport zu treiben.
Nachdem wir wieder in Berlin waren, wartete ich auf meine Familie aus Kolumbien, die mich für eine Woche in Berlin besuchte. Mit meiner Cousine und Tante sind wir uns die Sehenswürdigkeiten aus Berlin und Potsdam anschauen gegangen. Nachdem meine Familie wieder weg war, ging ich ein paar Wochen arbeiten. Danach war der Plan, mit zwei Freunden nach Kroatien zu reisen.
Am Tag unserer Abreise nach Kroatien habe ich gemerkt, dass ich mit einem abgelaufenen Reisepass unterwegs war. Für einen Moment dachte ich, alles würde ins Wasser fallen … Zum Glück ist aber alles gut gelaufen und ich habe die Einreisekontrollen ohne Probleme überstanden. Was für eine Erleichterung, dachte ich, als wir endlich in Pula ankamen. Kroatien war atemberaubend. Ich haben viele typische Gerichte ausprobiert und das Wetter war wunderschön. Der beste Teil der Reise war aber die Bootsfahrt. Wir kamen an einem Riff an, wo das Wasser blau wie der klare Himmel war und wir konnten unter einer Höhle schwimmen und viele Fische sehen.
Danach ging es zurück nach Berlin, um weiter zu arbeiten und zu lernen. Nur das mit dem Italienisch lernen habe ich nicht sehr gut geplant, ich werde den Kurs wohl im Wintersemester wieder aufnehmen müssen. Meine vorlesungsfreie Zeit geht jetzt langsam zu Ende und alles in allem bin ich sehr zufrieden mit den Sachen die ich gemacht habe, und mit den Menschen und Orten die ich gesehen habe.