Vielleicht kann man die folgende Geschichte mit kleinkindlichem Verhalten betiteln. Da wir selbstkritisch sind, haben wir die Geschehnisse für euch aufgelistet und stellen uns der Kritik.
Es fing damit an, dass wir eine alte Dame zu Wort kommen gelassen haben. Das alte FES-Gebäude liegt in den letzten Atemzügen und hat sich nochmal aufgerappelt um zu uns zu sprechen. Die große Frage ihrer Rede: „Was ist das für 1 Stadtmitte?“. Wir fanden das sei eine interessante und wichtige Frage und boten dem alten, von manchen Potsdamer verschrienes Überbleibsel aus vergangenen DDR-Zeiten, unser Magazin als Sprachrohr an. Bei uns darf jeder zu Wort kommen, auch diejenigen, über deren Köpfe sonst nur gesprochen wird – wie dem alten FH-Gebäude.
Genau das machte die Redaktion der SMILE auf uns aufmerksam. Hier eine kurze Erklärung: die SMILE ist ein Printmagazin der Hochschule, das man monatlich in den usseligen Wühltischen der FHP-Flyerauslagen abgrabbeln kann. Man wolle unseren Beitrag auf einer Doppelseite in der nächsten Ausgabe abdrucken. Das Angebot war für unser noch recht unbekanntes Magazin verlockend; so sagten wir zu und lieferten gleich einen knackigen Einleitungs- und Vorstellungstext mit:
Wir sind das Online-Hochschulmagazin mit Themen rund um den Campus und alles, was uns bewegt.
Informativ, jung, ehrlich, bunt, originell, provokativ, unterhaltsam, hilfreich und vor allem online! Für uns müssen keine Bäume sterben, wie für dieses Heft.😉
Schreibt eure eigenen Beiträge und reicht Veranstaltungen ein! Wir sind immer offen für neue Ideen und Vorschläge.
Wir waren dankbar, dennoch wollten wir die SMILE auch liebevoll necken. So wollten wir betonen, dass unsere Inhalte nur online verfügbar sind und deswegen nicht noch mehr zum übermäßigen und unnötigen Papierverbrauch beitragen. (Der Schlaumeier unter euch mag jetzt vielleicht sagen, dass ja auch zur Stromgewinnung unserer Server Strom produziert werden muss und dass dies auch die Umwelt zerstört. Dem soll jedoch gesagt sein: Der Strom unserer Rechenzentren wird aus erneuerbaren Energiequellen, überwiegend aus Wasserkraft in skandinavischen Wasserkraftwerken erzeugt. *BÄM!*) Nur leider stieß dann unsere Formulierung „Für uns müssen keine Bäume sterben, wie für dieses Heft“ auf Unwohlgefallen. (Was verständlich ist, denn rückblickend wäre der abschließende Halbsatz wohl nicht nötig gewesen.) Folglich sollte der ganze Satz entfernt werden.
In unserer Redaktion wurden sofort Zensur-Vorwürfe laut. Hätte noch jemand das Grundgesetz auf den Tisch geschmettert um Artikel 5 zur Meinungs- und Pressefreiheit zu zitieren, dann wäre unsere Empörung und Hysterie perfekt gewesen. Doch nach ein paarmal Luft schnappen wurden schon wieder Pläne für die eigene Reaktion entwickelt. Kampflos lassen wir das nicht über uns ergehen. Schon sahen wir uns als Speerspitze für die Interessen aller Unterdrückten mit wehenden Fahnen in den Kampf ziehen.
Unser Plan, der während eines fettigen Mittagessens in der Mensa entstand, bestand darin, den gestrichenen Satz durch schwarze Balken zu ersetzen und sie als Zeichen des Protests in der SMILE zurückzulassen. Funktionieren sollte dieser Plan durch gute Kontakte in das Design-Team der SMILE. Vielleicht war unser Entscheidungsvermögen durch die schwere Kost im Magen und dem darauffolgenden Blutmangel im Kopf etwas getrübt. Im Nachhinein scheint dies nicht der durchdachteste Plan gewesen zu sein.
Denn noch bevor das Heft in Druck ging flogen wir auf. Wahrscheinlich war die Begeisterung auf Seiten der SMILE nicht gerade groß. Natürlich sollten die Balken verschwinden und auch der Satz wurde dem Erdboden gleich gemacht. Dafür sollte gleich nach dem Motto „Wie es in den Wald schallt so schallt es auch wieder heraus“ dieses pfiffige Vorwort eingefügt werden:
semikolon – das neue Onlinemagazin…
…geht ausnahmsweise mal in den Druck – als Leihgabe in der SMILE. Die Semikolon-MacherInnen sind zwar der Meinung, dass für Print zu viele Bäume sterben müssen, aber für einen Abdruck in dieser Ausgabe und Eigenwerbung machen sie dann doch eine Ausnahme von ihren Prinzipien 🙂
Die Stimmung war nun wirklich erhitzt. Man könnte sagen: Es war ausge-SMILE‑t! Und aus dem neckigen ;P‑Smiley wurde auf beiden Seiten ein wütendes Emoji mit rotem Kopf. Unsere Konsequenz: entweder bleiben die Balken oder wir untersagen die Veröffentlichung. Denn dank der SMILE wurden wir wieder an unsere Prinzipien erinnert; wir schützen Bäume und vor allem sind wir kritisch und stehen zu unserer Meinung. Wie wir jetzt erfahren haben erscheint der Artikel nicht in der nächsten SMILE-Ausgabe. Wenn wir ehrlich sind, sind wir darüber richtig froh – also froh für die Bäume, die dann nicht für uns sterben müssen.
Vielleicht kann man nach der Lektüre dieses Textes sagen, dass unser Verhalten reaktionär, übertrieben und einfach nur kindlich war. In den meisten Punkten würden wir euch da vielleicht auch Recht geben; dennoch zeigt die Geschichte auch, dass nicht alle Vorgänge an der FHP hinter einem Smiley-Face weggelächelt werden können und wie wenig die Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstironie besteht. Vielleicht herrscht an der Hochschule die Auffassung, dass alles an der FHP spiegelglatt wie die Fassaden unserer Gebäude sein soll. Doch dank dem Hauptgebäude wird uns jeden Tag aufs Neue gezeigt: die Fassade bröckelt.
Tja lieber Martin,
Prinzipien zu haben ist ja schön, aaaaber wenn man sie wie in diesem Fall mit Füßen tritt, da muss man sich nicht wundern, wenn eine gewisse mit eurer Argumentation einhergehende Arroganz, „bestraft“ wird. Junge Leute haben ideale, verstehe ich, so soll es auch sein, nur so entsteht Fortschritt. Vielleicht entsteht aus diesem Konsens ja auch Wachstum, sowohl in den Beziehungen zur Smile als auch auf persönlicher Natur. Viel Erfolg für das Projekt, dessen Konzeption und Start leider an mir vorbei ging, und in dem ich mich gerne miteingebracht hätte.