Wohin mit unserer Asche

© Elena Langner

Einige von Euch haben zum Beginn des Win­ter­se­mesters bestimmt die neue über­dachte Sitz­mög­lichkeit vor Haus 3 neben dem Cam­pus­garten gesehen und viel­leicht auch genutzt. Es handelt sich bei der neuen Sitz­mög­lichkeit um einen Pavillon, der ein Ort für Raucher*innen auf dem Campus der FHP sein soll. 

Um mehr über die Gründe zu erfahren, wieso ein Ort für Raucher*innen geschaffen wurde, haben unsere Autorinnen mit dem Bau­be­auf­tragten und der Koor­di­na­torin von dem Gesund­heits­ma­nagement „FHPgesund“ geredet.

Über den Zweck des Pavillons waren die Hoch­schul­an­ge­hö­rigen am 12.11.2021 kurz und knapp per Mail von der Kanz­lerin infor­miert worden. Dieser ist, dass der Holz­pa­villon eine der zwei „Rauch­zonen“ bildet; die andere ist der Bereich rund um Haus 17. In der Mail hat sie auch darum gebeten, dass nur noch in den zwei Rauch­zonen geraucht wird, um Rück­sicht auf Nichtraucher*innen zu nehmen. 

© FH Potsdam / Semikolon

Hintergrund 

Im Gespräch mit der Koor­di­na­torin von „FHPgesund“, Annika Quednow, haben wir erfahren, dass das Gesund­heits­ma­nagement darauf gedrängt hat, einen Ort für Rau­chende zu schaffen.

Annika Quednow ist seit 2010 an der FHP, erst als Lei­terin der Rei­se­stelle, die u.a. auch Exkur­sionen für Seminare ver­waltet, und seit Sep­tember 2019 per­sön­liche Refe­rentin der Hoch­schul­kanz­lerin. Einer ihrer Auf­ga­ben­be­reiche ist es außerdem, „FHPgesund” zu leiten.

Die primäre Absicht dahinter sei vor allem der Schutz von Nichtraucher*innen. Denn bisher sind Raucher*innen ver­ständ­li­cher­weise einfach vor die Tür gegangen, wobei der Rauch in die geöff­neten Fenster der Häuser rein­ge­zogen ist. Das wie­derum störte die dort Anwe­senden. Die Existenz von auf dem Campus zentral gele­genen Rück­zugs­orten für Raucher*innen soll hin­gegen ein unge­störtes Arbeiten (und Lüften) ermöglichen.

Als nach pas­senden Orten für Rauch­be­reiche gesucht wurde, war auch der Solar­pa­villon beim Park­platz in die Über­le­gungen mit ein­ge­bracht worden. Es ist ein grö­ßerer, offener Bau, in welchem Rauch gut abziehen würde. Aller­dings handelt es sich beim Solar­pa­villon auch um einen Ort, der gerade in Pan­de­mie­zeiten auch im Hoch­schul­alltag genutzt wird. Bei­spiels­weise können dort Prä­sen­ta­tionen, Ver­an­stal­tungen wie Bachelor-Abschluss­feiern oder Seminare an der fri­schen Luft stattfinden. 

© Elena Langner

„Für Lehre und For­schung muss der Solar­pa­villon wei­terhin frei­bleiben und sollte nicht durch eine andere Funktion belegt werden. Außerdem liegt der Solar­pa­villon weniger zentral.“, meint der Bau­be­auf­tragte Martin Stromeyer.

Als eine Begründung, warum dafür ein eigener Pavillon gebaut werden musste, sieht Annika Quednow die Tat­sache, dass der Campus der FHP nicht ein­ge­zäunt und frei begehbar ist. Dadurch sind nicht nur Hoch­schul­an­ge­hörige, sondern auch Externe wie Anwohner*innen  auf dem Campus unterwegs. Eine kon­se­quente Durch­setzung des Rauch­verbots auf dem gesamten Cam­pus­ge­lände ist deshalb unmöglich. 

Finan­ziert wurde der Pavillon aus Haus­halts­mitteln der FHP. Es exis­tiert zwar eine Koope­ration zwi­schen der Tech­niker Kran­ken­kasse und FHPgesund seit einigen Jahren, aber die Gelder dürfen nach §20b des Prä­ven­ti­ons­schutz­ge­setzes aus­schließlich zum Zwecke der Prä­vention genutzt werden – Inves­ti­tionen sind damit aus­ge­schlossen. Andere Maß­nahmen zur Prä­vention vom Rauchen sind bislang nur Ideen. Ent­schei­dungen darüber werden viermal im Jahr im Steu­er­kreis des Gesund­heits­ma­nage­ments gefällt. Leider ist durch die Pan­demie die Umsetzung der Ideen aus­ge­bremst worden. Die Koope­ration könnte zum Bei­spiel pas­sende Kurse finan­zieren, die sich mit Rauch- und Sucht­prä­vention beschäftigen. 

Auf die Frage, ob der Pavillon nicht auch zum Rauchen ani­mieren könnte, da Rauchen damit einen eigenen Raum bekommt, ant­wortet Annika Quednow: „Diese Frage haben wir uns tat­sächlich auch gestellt. Ich hoffe natürlich, dass das Gegenteil der Fall ist; aber sicherlich ist es nicht aus­zu­schließen. Es bleibt die Hoffnung – das klang in der Dis­kussion immer mal wieder an – dass einer Person, die bei­spiels­weise in Haus D ansässig ist, der Weg zu weit ist und das damit viel­leicht die Sucht etwas ein­ge­dämmt ist.“

Design & Bauliches

Um mehr über die bau­lichen Ent­schei­dungen zu erfahren und diese nach­zu­voll­ziehen, haben wir mit Dipl.-Ing. Martin Stro­meyer gesprochen, er ist seit 2019 der Bau­be­auf­tragte der FHP. Damit ist er auch der Ver­ant­wort­liche gegenüber dem Land Bran­denburg, das Neu­bauten und andere bau­liche Maß­nahmen stattgibt und finan­ziert. Neben dem For­mu­lieren von Anträgen beauf­sichtigt er auch die kleinen und großen  Bau- und Reparaturmaßnahmen.

Martin Stro­meyer hat den Pavillon ent­worfen. Dabei hat er sich von den „Kar­tof­fel­kisten“, den anderen Sitz­ge­le­gen­heiten auf dem Campus, inspi­rieren lassen – damit das Neu­ge­baute zusam­men­passt. Diese Sitz­ge­le­gen­heiten sind stu­fen­artig in den vier Ecken ange­bracht und bilden den Sitz­be­reich. Durch diese Anordnung wird ein Zentrum in der Mitte her­ge­stellt, damit der Pavillon als Kom­mu­ni­ka­tions- und Begeg­nungsort genutzt werden kann. Ähn­liches gilt auch für die Dachform: Sie soll offen und ein­ladend wirken, Wet­ter­schutz bieten, aber nicht begrenzen oder abschließen.

Er sieht den Rauch­pa­villon als einen Kom­promiss zum nicht umsetz­baren bzw. nicht kon­trol­lier­baren Rauch­verbot auf dem Campus. Eine feste, zuge­schriebene Stelle zum Rauchen sollte ein zentral lie­gender Ort sein, der aus allen Ecken des Campus erreichbar ist. Da es einen solchen Ort noch nicht gab, wurde der Pavillon an den Rand der Cam­pus­mitte gesetzt. Dieser ist aber nicht Teil des bestehenden Kon­zepts, das besagt, dass die Cam­pus­mitte eine offene Fläche bleiben soll. Martin Stro­meyer hält dieses Konzept aber nicht für das Optimum, da es neben dem neuen Rauch­pa­villon auch den Cam­pus­garten aus­schließt, bzw. nicht mit einbezieht.

Was in der Mitte wirklich pas­siert, ist aktuell nicht absehbar. Zur Zeit wird sie für den Neubau 5 (der auf dem Platz der Pan­zer­halle ent­stehen soll) als Bau­stel­len­ein­rich­tungs­fläche ein­ge­plant. Die Umsetzung des Neubaus zieht sich aber schon länger hin: Der Bau­antrag der FHP ans Land stammt bereits aus dem Jahr 2015.

Trotz der ein­ge­rich­teten „Rauch­zonen“ auf dem Campus sind die Aschen­becher an den Müll­eimern und Haus­ein­gängen wei­terhin vor­handen. Lange gab es an den Ein­gängen vor Haus 17 nur selbst gebas­telte Dosen-Aschen­becher, die inzwi­schen auch mit fest instal­lierten auf­ge­stockt wurden. Martin Stro­meyer meint dazu: „Es ermög­licht ein Rauchen auf dem gesamten Campus und sug­ge­riert, dass das genehmigt ist, weil es eben überall diese Ascher gibt. Die Haus­ordnung sieht es vor, dass ein Rauch­verbot auf dem ganzen Campus besteht und insofern sind wir da in einer Zwick­mühle und ver­suchen die Grat­wan­derung, indem wir diesen Ort schaffen.“

Die vor­han­denen Aschen­becher auf dem Campus werden also wei­terhin bleiben, auch an neuen Müll­eimern werden wei­terhin Ascher ange­bracht. Denn es ist immer wichtig, dass die Ziga­ret­ten­reste nicht auf dem Boden und damit gege­be­nen­falls in der Umwelt landen. Im Pavillon gibt es mittig einen Müll­eimer mit Aschen­becher, welches mehr Volumen als die anderen Aschen­becher hat. Durch die Posi­tio­nierung soll er den Rauch­pa­villon kom­mu­ni­ka­tiver machen.

Ist ein Pavillon für Raucher*innen die richtige Lösung?

Der Bau des Pavillons ist etwas über­trieben, oder? Hätte eine Umpo­si­tio­nierung von vor­han­denen Aschen­be­chern und die Ein­richtung von Rauch­zonen nicht aus­ge­reicht, um mit diesem Problem umzu­gehen? An Bahn­höfen funk­tio­niert das doch auch. Viel­leicht erschließt sich uns die Wirkung des Pavillons, wenn es stark genug regnet und die Raucher*innen einen tro­ckenen Ort suchen.

Als weitere Maß­nahme könnten lustige passiv-aggressive Info­schilder an Aschen­be­chern außerhalb der Rauch­zonen ange­bracht werden mit dem Hinweis: „Machen Sie zum Rauchen bitte einen Spa­ziergang zu einer Rauchzone“. Bis die jeweilige Person ankommt, hat sie viel­leicht schon auf­ge­raucht und kann gleich zurück­laufen. Diese Art der Fitness beugt bestimmt ein wenig gegen die Lang­zeit­folgen des Rau­chens vor! Aber die Frage bleibt: Werden sich Raucher*innen wirklich diesen Aufwand machen und wird das Angebot des Rauch­pa­villons auch wahrgenommen? 

Es scheint uns wider­sprüchlich, zum Schutz der Nichtraucher*innen einen Rauch­pa­villon zu bauen. Vielmehr wirkt es so, als wäre nun Geld aus­ge­geben worden, damit alle Raucher*innen bequem dieser Tätigkeit nach­kommen können. Immerhin handelt es sich um eine Sitz­mög­lichkeit, bei der Wert auf ermög­lichte Kom­mu­ni­kation gelegt und die (noch) nicht als eine Stelle zum Rauchen aus­ge­schildert wurde. 

Wir hoffen, dass die wei­teren geplanten Sucht­prä­ven­ti­ons­maß­nahmen nicht allzu lange auf sich warten lassen und sich abge­sehen vom Rauchen ebenso anderen Sucht­pro­blemen widmen.

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