Jeden Tag gehen wir an den Gebäuden der FH vorbei und werfen ohne Hintergedanken einen flüchtigen Blick darauf, bevor wir in unsere Vorlesungen oder Seminare gehen. Was wäre aber, wenn die Gebäude uns ihre Geschichte erzählen könnten?
Beginn der Nutzung des Bornstedter Feldes als Militärstandort
Die Geschichte unseres Campus steht im Kontext der ehemaligen militärischen Nutzung der rund 300 Hektar großen Fläche des Bornstedter Feldes. Dieses Gebiet, das damals noch außerhalb der Stadt lag, wurde im 17. Jahrhundert durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (Regierungszeit 1640–1680) erworben. Da innerhalb der Stadt nicht genügend Platz für militärische Übungen vorhanden war, begann unter Friedrich II. im 18. Jahrhundert die militärische Nutzung als Exerzierplatz.
Später wurde das Militärgelände durch die im Kaiserreich und in der NS-Zeit gebauten Kasernen begrenzt: im Westen an der Kirschallee, im Osten an der Nedlitzer Straße und im Süden an der Pappelallee, dem Standort unserer FH.
Nutzung des Campus als Kasernengebäude
Durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1935, die gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags verstieß, stieg die Zahl der in Potsdam stationierten Soldaten von 2.000 im Jahre 1933 auf 15.000 im Jahre 1939 stark an. In dieser Zeit, ab dem Jahre 1935, wurde auch die 1938 benannte „Adolf-Hitler-Kaserne“ an der Pappelallee gebaut. Dort war das 2. Bataillon des 9. Infanterieregiments (IR 9) stationiert.
So sah das Gelände damals von oben aus.
Bekannt geworden ist das IR 9 vor allem durch die Beteiligung des Generalmajors Henning von Tresckow und des Oberleutnants der Reserve Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg am Attentat des 20. Juli 1944 – einer der bedeutendsten Umsturzversuche der NS-Zeit. Nach dem Fehlschlag beging Tresckow noch am folgenden Tag Selbstmord, Schulenburg wurde am selben Tag verhaftet und am 10. August zusammen mit weiteren Widerstandskämpfern wie Graf von Stauffenberg vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Zu Beginn des NS-Regimes war das Regiment am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, noch vor Hindenburg und Hitler aufmarschiert.
Die Kasernen um 1940. © Militärgeschichtliches Forschungsamt Potsdam
Die für eine Kaserne der dreißiger Jahre charakteristische geschlossene Anordnung der schlichten, dreigeschossigen Gebäude ist auch heute noch bei genauerem Hinsehen sichtbar. Das in West-Ost Richtung verlaufende Gebäude in der Mitte des Kasernengeländes mit der auch heute noch sichtbaren Dachreiteruhr fungierte als Wirtschaftsgebäude mit Küche und Kantine. Die anderen Gebäude dienten als Mannschafts- und Stabsgebäude.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Kasernengebäude durch die Rote Armee bis zu ihrem Abzug Anfang der 1990er genutzt. Die Gebäudestruktur ließen die sowjetischen Artillerie-Einheiten größtenteils unverändert, sie passten sie aber über verschiedene Eingriffe und Zubauten an ihre eigenen Bedürfnisse an.
Vom Kasernengelände zum FHP-Campus
Drei Jahre vor dem Einzug der ersten Studierenden auf unseren heutigen Campus begann die Geschichte unserer FH im Jahre 1991 mit der Immatrikulation der ersten Studierenden im Fachbereich Sozialwesen (heute Sozial- und Bildungswissenschaften). Diese zogen nach einer kurzen Phase am Standort Neu Fahrland in das ehemalige Institut für Lehrerbildung an der Friedrich-Ebert-Straße. 1994 zogen die zwei Jahre zuvor gegründeten Fachbereiche Architektur (heute STADT | BAU | KULTUR), Bauingenieurwesen und Design in vier sanierte Kasernengebäude auf dem Campus.
Zustand der Gebäude auf dem heutigen FHP-Campus Anfang der 1990er Jahre. © FH Potsdam
Ebenfalls 1992 gegründet wurde der heutige Fachbereich Informationswissenschaften, damals unter dem Namen „Archiv-Bibliothek-Dokumentation“. Dieser Fachbereich zog jedoch nicht 1994 mit an den neuen Campus, sondern erst im März 2017. Im Sommer 2017 zog dann auch der letzte und älteste Fachbereich Sozial-und Bildungswissenschaften an den Campus. Der alte Standort der FH an der Friedrich-Ebert-Straße wurde am 21. Oktober 2017, dem Gründungstag der FH, mit einem Kehraus-Tag feierlich verabschiedet.
Und wie geht es weiter?
Die FHP hat sich verändert und wird sich weiter verändern: Baulich, in der Erweiterung von Gebäuden, aber auch inhaltlich und personell. Inzwischen gibt es ca. 3.600 Studierende in 32 Bachelor- und Masterstudiengängen an der FH, die seit dem Sommer 2017 alle an einem Campus studieren. Das Hauptgebäude, das 2009 eröffnet wurde und unter anderem die Bibliothek und die Mensa beherbergt, dient dabei als gemeinsamer Mittelpunkt.
Eine Bereicherung für das studentische Leben auf dem Campus stellt zusätzlich auch das studentisch selbstverwaltete Haus 17 mit dem Casino dar. Auf der Suche nach einem Ort für studentisches Leben über die Lehre hinaus, entdeckten Studierende Mitte der 1990er das Haus für sich. Durch persönliches Engagement wurde das ehemalige Offizierscasino ausgebaut: es entstand ein Café und eine Weintheke, im Nebenraum fanden regelmäßig Veranstaltungen statt.
Nach der Sanierung und dem kurzen Exil ins CasinOtopia wurde das Gebäude Ende 2017 wiedereröffnet. Neben dem Casino befinden sich inzwischen auch die Studierendenvertretungen sowie Initiativen und Projekte im Haus. Dieser neue Sitz der Studierendenschaft wird bald auch zur offiziellen Marke: in den kommenden Wochen startet die neue Dachmarke „Haus 17“, die alle studentischen Gremien und Initiativen vereinen wird.