28 Jahre FH Potsdam: Die Geschichte des Campus

© FH Potsdam

Jeden Tag gehen wir an den Gebäuden der FH vorbei und werfen ohne Hin­ter­ge­danken einen flüch­tigen Blick darauf, bevor wir in unsere Vor­le­sungen oder Seminare gehen. Was wäre aber, wenn die Gebäude uns ihre Geschichte erzählen könnten?

Beginn der Nutzung des Bornstedter Feldes als Militärstandort

Die Geschichte unseres Campus steht im Kontext der ehe­ma­ligen mili­tä­ri­schen Nutzung der rund 300 Hektar großen Fläche des Born­stedter Feldes. Dieses Gebiet, das damals noch außerhalb der Stadt lag, wurde im 17. Jahr­hundert durch den Großen Kur­fürsten Friedrich Wilhelm (Regie­rungszeit 1640–1680) erworben. Da innerhalb der Stadt nicht genügend Platz für mili­tä­rische Übungen vor­handen war, begann unter Friedrich II. im 18. Jahr­hundert die mili­tä­rische Nutzung als Exerzierplatz.

Später wurde das Mili­tär­ge­lände durch die im Kai­ser­reich und in der NS-Zeit gebauten Kasernen begrenzt: im Westen an der Kirsch­allee, im Osten an der Ned­litzer Straße und im Süden an der Pap­pel­allee, dem Standort unserer FH.

Nutzung des Campus als Kasernengebäude

Durch die Ein­führung der all­ge­meinen Wehr­pflicht im Jahre 1935, die gegen die Bestim­mungen des Ver­sailler Ver­trags ver­stieß, stieg die Zahl der in Potsdam sta­tio­nierten Sol­daten von 2.000 im Jahre 1933 auf 15.000 im Jahre 1939 stark an. In dieser Zeit, ab dem Jahre 1935, wurde auch die 1938 benannte „Adolf-Hitler-Kaserne“ an der Pap­pel­allee gebaut. Dort war das 2. Bataillon des 9. Infan­te­rie­re­gi­ments (IR 9) stationiert.


So sah das Gelände damals von oben aus.

Bekannt geworden ist das IR 9 vor allem durch die Betei­ligung des Gene­ral­majors Henning von Tre­sckow und des Ober­leut­nants der Reserve Fritz-Dietlof Graf von der Schu­lenburg am Attentat des 20. Juli 1944 – einer der bedeu­tendsten Umsturz­ver­suche der NS-Zeit. Nach dem Fehl­schlag beging Tre­sckow noch am fol­genden Tag Selbstmord, Schu­lenburg wurde am selben Tag ver­haftet und am 10. August zusammen mit wei­teren Wider­stands­kämpfern wie Graf von Stauf­fenberg vor dem Volks­ge­richtshof zum Tode ver­ur­teilt. Zu Beginn des NS-Regimes war das Regiment am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, noch vor Hin­denburg und Hitler aufmarschiert.


Die Kasernen um 1940. © Mili­tär­ge­schicht­liches For­schungsamt Potsdam

Die für eine Kaserne der drei­ßiger Jahre cha­rak­te­ris­tische geschlossene Anordnung der schlichten, drei­ge­schos­sigen Gebäude ist auch heute noch bei genauerem Hin­sehen sichtbar. Das in West-Ost Richtung ver­lau­fende Gebäude in der Mitte des Kaser­nen­ge­ländes mit der auch heute noch sicht­baren Dach­rei­teruhr fun­gierte als Wirt­schafts­ge­bäude mit Küche und Kantine. Die anderen Gebäude dienten als Mann­schafts- und Stabsgebäude.

Nach dem Ende des Zweiten Welt­krieges wurden die Kaser­nen­ge­bäude durch die Rote Armee bis zu ihrem Abzug Anfang der 1990er genutzt. Die Gebäu­de­struktur ließen die sowje­ti­schen Artil­lerie-Ein­heiten größ­ten­teils unver­ändert, sie passten sie aber über ver­schiedene Ein­griffe und Zubauten an ihre eigenen Bedürf­nisse an.

Vom Kasernengelände zum FHP-Campus

Drei Jahre vor dem Einzug der ersten Stu­die­renden auf unseren heu­tigen Campus begann die Geschichte unserer FH im Jahre 1991 mit der Imma­tri­ku­lation der ersten Stu­die­renden im Fach­be­reich Sozi­al­wesen (heute Sozial- und Bil­dungs­wis­sen­schaften). Diese zogen nach einer kurzen Phase am Standort Neu Fahrland in das ehe­malige Institut für Leh­rer­bildung an der Friedrich-Ebert-Straße. 1994 zogen die zwei Jahre zuvor gegrün­deten Fach­be­reiche Archi­tektur (heute STADT | BAU | KULTUR), Bau­in­ge­nieur­wesen und Design in vier sanierte Kaser­nen­ge­bäude auf dem Campus.


Zustand der Gebäude auf dem heu­tigen FHP-Campus Anfang der 1990er Jahre. © FH Potsdam

Eben­falls 1992 gegründet wurde der heutige Fach­be­reich Infor­ma­ti­ons­wis­sen­schaften, damals unter dem Namen „Archiv-Bibliothek-Doku­men­tation“. Dieser Fach­be­reich zog jedoch nicht 1994 mit an den neuen Campus, sondern erst im März 2017. Im Sommer 2017 zog dann auch der letzte und älteste Fach­be­reich Sozial-und Bil­dungs­wis­sen­schaften an den Campus. Der alte Standort der FH an der Friedrich-Ebert-Straße wurde am 21. Oktober 2017, dem Grün­dungstag der FH, mit einem Kehraus-Tag fei­erlich verabschiedet.

Und wie geht es weiter?

Die FHP hat sich ver­ändert und wird sich weiter ver­ändern: Baulich, in der Erwei­terung von Gebäuden, aber auch inhaltlich und per­sonell. Inzwi­schen gibt es ca. 3.600 Stu­die­rende in 32 Bachelor- und Mas­ter­stu­di­en­gängen an der FH, die seit dem Sommer 2017 alle an einem Campus stu­dieren. Das Haupt­ge­bäude, das 2009 eröffnet wurde und unter anderem die Bibliothek und die Mensa beher­bergt, dient dabei als gemein­samer Mittelpunkt.

Eine Berei­cherung für das stu­den­tische Leben auf dem Campus stellt zusätzlich auch das stu­den­tisch selbst­ver­waltete Haus 17 mit dem Casino dar. Auf der Suche nach einem Ort für stu­den­ti­sches Leben über die Lehre hinaus, ent­deckten Stu­die­rende Mitte der 1990er das Haus für sich. Durch per­sön­liches Enga­gement wurde das ehe­malige Offi­ziers­casino aus­gebaut: es ent­stand ein Café und eine Wein­theke, im Nebenraum fanden regel­mäßig Ver­an­stal­tungen statt.

Nach der Sanierung und dem kurzen Exil ins Casi­nO­topia wurde das Gebäude Ende 2017 wie­der­eröffnet. Neben dem Casino befinden sich inzwi­schen auch die Stu­die­ren­den­ver­tre­tungen sowie Initia­tiven und Pro­jekte im Haus. Dieser neue Sitz der Stu­die­ren­den­schaft wird bald auch zur offi­zi­ellen Marke: in den kom­menden Wochen startet die neue Dach­marke „Haus 17“, die alle stu­den­ti­schen Gremien und Initia­tiven ver­einen wird.