Die Brandenburg-Tour: Eberswalde

Ein Fluss fließt neben einem Gebäude auf dem Campus.
© Nikolas Ripka

Seit einem Monat sind meine Kom­mi­li­tonin Johanna und ich im Sprecher*innenrat der Bran­den­bur­gi­schen Stu­die­ren­den­ver­tretung (BRANDSTUVE). Als eine unserer ersten Aktionen nehmen wir uns vor, die neun staat­lichen bran­den­bur­gi­schen Hoch­schulen zu besuchen, um uns bei den Stu­die­ren­den­ver­tre­tungen per­sönlich vor­zu­stellen und ins Gespräch zu kommen. Und so beginnt Ende April unsere Bran­denburg-Tour. Das erste Ziel: Die Hoch­schule für nach­haltige Ent­wicklung Eberswalde.

Die Stadt

Ebers­walde ist eine kleine Stadt im Nord­osten Bran­den­burgs mit 40.000 Einwohner*innen. Vom Ber­liner Haupt­bahnhof fährt man mit dem RE3 etwa eine halbe Stunde bis Ebers­walde; von Potsdam aus habe ich ins­gesamt eine Stunde und 15 Minuten gebraucht – kürzer als was mancher Studi bis zur FH braucht.


Der Park am Wei­dendamm, direkt am Stadt­campus. © Nikolas Ripka

Die Stadt ist von der Größe her relativ über­schaubar. Alles scheint zu Fuß oder mit dem Rad schnell erreichbar zu sein. Und falls nicht, dann kann man einen der letzten elek­trisch betrie­benen O‑Busse Deutsch­lands nehmen. Mein Ein­druck von der Stadt: sie ist ruhig, grün und jung.

Apropos jung: aus Gesprächen mit Stu­die­renden konnte ich erfahren, dass wohl die meisten von ihnen in Ebers­walde wohnen, während gut ein Drittel täglich aus Berlin und Umgebung pendelt. Also genau andersrum als bei uns – in Potsdam sind es bestimmt mehr als zwei Drittel, die täglich pendeln. Ein attrak­tiver Grund für Ebers­walde sind bestimmt die Miet­preise. Sie steigen zwar langsam, sind aber längst nicht auf dem Niveau von Berlin oder Potsdam. Für eine schöne 2‑Zimmer-Wohnung in der Nähe des Bahnhofs zahlt man etwa so viel wie für ein WG-Zimmer in einem Ber­liner Randbezirk.

Die Hochschule

Bereits seit 1830 gibt es die „Höhere Forst Lehr­an­stalt“ in Ebers­walde, später in „Forst­aka­demie“ umbe­nannt. Nach der Schließung Anfang der 1960er Jahre wurde sie nach der Wende als „Fach­hoch­schule Ebers­walde“ neu gegründet, 2010 wurde sie schließlich in „Hoch­schule für nach­haltige Ent­wicklung“ umbe­nannt. Wie der Name verrät, sind die Stu­di­en­in­halte auf Nach­hal­tigkeit, Natur­schutz und Umwelt aus­ge­richtet. Heute hat die HNEE etwa 2.100 Stu­die­rende, ist also etwas kleiner als die FHP. Sie hat vier Fach­be­reiche und 21 Stu­di­en­gänge, die Hälfte davon Masterstudiengänge.

Es gibt drei Standorte: auf dem Stadt­campus befinden sich die Fach­be­reiche Land­schafts­nutzung & Natur­schutz sowie Nach­haltige Wirt­schaft, zusammen mit der Ver­waltung und Bibliothek. Die Fach­be­reiche Wald & Umwelt und Holz­technik befinden sind, pas­sen­der­weise, im Wald­campus. Der dritte Standort der Hoch­schule ist der Forst­bo­ta­nische Garten Eberswalde.

Der Stadtcampus


Die „Schwärze“ fließt mitten durch den Campus. © Nikolas Ripka

Der Stadt­campus ist eine kleine Oase mitten in einer grö­ßeren Oase. Sieben Häuser umrahmen das kleine Gelände mit vielen Bäumen, einem Teich und einem Fluss, der mitten durch den Campus fließt. Es ist wirklich schön dort, und ich kann mir gut vor­stellen, wie man im Sommer zwi­schen den Vor­le­sungen mit Kommiliton*innen draußen im Grünen sitzt.


Refugees welcome. © Nikolas Ripka


Auf dem Campus gilt Rauch­verbot. Geraucht wird in kleinen Pavillons. © Nikolas Ripka

Eines der auf­fäl­ligsten Gebäude auf dem Campus ist die Bibliothek: das schlichte Quader wurde 1999 erbaut und hat eine distinktive Fassade mit his­to­ri­schen Fotos.


Das Biblio­theks­ge­bäude. © Nikolas Ripka

Da die Bibliothek von Bäumen umgeben ist, hat man auch im Gebäude das Gefühl, mitten im Wald zu sein. Sie ist viel­leicht nicht so groß wie unsere, aber zwei Dinge kann sich unsere Bibliothek gerne abgucken. Erstens gibt es am Eingang ganz normale Schließ­fächer, die mit einer Münze betätigt werden können – so simpel und doch so effektiv. Und zweitens die Öff­nungs­zeiten: 9 bis 24 Uhr. Ja, 24 Uhr!


Solche fancy Schilder mit dem Fach­be­reichs­namen haben wir bei uns nicht. © Nikolas Ripka

Auch in den anderen Häusern habe ich mich etwas umge­schaut. Die Semi­nar­räume sehen genauso aus wie bei uns: schlicht und funk­tional. In den Fluren gibt es hin und wieder kleine Sitz­ecken mit Sesseln und Tischen, die mich an die Nischen im ehe­ma­ligen Gebäude an der Friedrich-Ebert-Straße erinnern. Für kleine Grup­pen­ar­beiten oder für zwi­schen­durch sind diese Sitz­mög­lich­keiten äußerst praktisch.


Ein Semi­narraum mit Krei­de­tafel. © Nikolas Ripka


Auf Müll­trennung wird natürlich ganz besonders geachtet. © Nikolas Ripka

Natürlich war ich auch auf das Men­sa­essen neu­gierig. Im Stadt­campus ist die Mensa etwas kleiner als unsere, aber als ich gegen 13:30 Uhr essen ging, war kaum was los. Zwei Essen gab es noch zur Auswahl: Spar­gel­ragout mit Ger­stoni und Salat sowie Kreo­li­sches Jam­balaya mit Salat. Da ich auf Fleisch ver­zichten möchte, nehme ich das Spar­gel­ragout mit Ger­stoni. Es ist ein ein­faches, aber leckeres Gericht, das ich bei uns so noch nicht gegessen habe. Ger­stoni ist als Beilage zudem eine inter­es­sante Alter­native zu unseren Beelitzer Frischeinudeln.


Die Mensa im Stadt­campus. © Nikolas Ripka

Das Men­s­aper­sonal ist freundlich und ent­spannt. Auf jedem Tisch gibt es Salz- und Pfef­fer­mühlen. Während man auf der einen Fens­ter­seite die schönen Grün­flächen des Campus sieht, hat man auf der anderen Seite den Blick direkt zur Straße mit Passant*innen und Autos. Es ist ein anderes Gefühl als bei uns, mitten in der Stadt zu sein.

Mich hat die Mensa erstmal über­zeugt. Eine Stu­dentin erzählt mir, dass es – wie bei uns – nicht immer ein veganes Gericht gibt. Gerade bei einer Hoch­schule mit dem Schwer­punkt Nach­hal­tigkeit würde man das nicht unbe­dingt erwarten. Doch um dem ent­ge­gen­zu­wirken, hat sich die „AG Nach­hal­tig­keits­mensa“ gefunden, die nun ver­sucht die Mensa nach­hal­tiger und bio zu gestalten.

Diese AG ist im „Runden Tisch zur nach­hal­tigen HNEE-Ent­wicklung“ ent­standen. Ein- bis zweimal im Semester orga­ni­siert die Hoch­schul­leitung dieses Treffen zur Wei­ter­ent­wicklung der Hoch­schule, an dem alle Sta­tus­gruppen teil­nehmen können. Weitere AGs beschäf­tigen sich mit Themen wie nach­haltige Mobi­lität, mit den sozialen und beruf­lichen Aspekten der Hoch­schul­ent­wicklung oder mit dem Beitrag der HNEE zum Gemeinwohl.


Cir­cular economy: im „Schen­ke­schrank“ können Bücher und Kleidung getauscht werden – so wie bei uns im Tausch­regal. © Nikolas Ripka


„Geis­tes­kraft durch Gers­tensaft“ ver­spricht der ehren­amtlich betriebene „Stu­den­tenclub Ebers­walde“ direkt neben dem Campus. © Nikolas Ripka

Ähnlich wie bei uns gibt es auch hier Campusgärtner*innen. Die Stu­di­initiative ist vor allem in der warmen Jah­reszeit aktiv und bewirt­schaftet alle Beete auf dem Campus. Eine weitere Initiative ist die Fahr­rad­selbst­hil­fe­werk­statt, in der sich sowohl Studis als auch Nachbar*innen engagieren.

Der Waldcampus

Ich habe nicht mehr viel Zeit, möchte aber unbe­dingt noch einen Blick auf den Wald­campus werfen. Vom Stadt­campus läuft man etwa eine Vier­tel­stunde. Die zweite Mensa und der große Hörsaal wirken sehr modern, mit viel Holz, Glas und Beton.


Über diesen schönen Waldweg laufe ich zum Wald­campus. © Nikolas Ripka


Die Holz­fassade erinnert mich an unser Haus 17. © Nikolas Ripka

Die Studierendenvertretung

Es wird langsam spät und ich muss zurück zum anderen Campus, um noch recht­zeitig an der AStA-Sitzung teil­nehmen zu können. Denn wie bei uns gibt auch an der HNEE einen AStA als zen­trale Stu­die­ren­den­ver­tretung, sowie vier Fach­schaftsräte für jeden Fach­be­reich (bei uns „StuRa“).

Alle paar Wochen treffen sich die stu­den­ti­schen Vertreter*innen in der „KoStuVe“, der „Kom­mission für stu­den­tische Ver­netzung und kol­lektive Ent­schei­dungs­findung“! Das ist der beste Name für ein stu­den­ti­sches Gremium, den ich jemals gehört habe. Bei uns heißt es einfach nur „Gre­mi­en­ver­net­zungs­treffen“.


Über die Feu­er­treppe kommt man in die Büros des AStAs und der Fach­schaftsräte. © Nikolas Ripka

Eine Beson­derheit, die wir mit Ebers­walde teilen, ist die stu­den­tische Stimme im Prä­sidium. Bereits seit 1999 gibt es in Ebers­walde das Amt der*des stu­den­ti­schen Vizepräsident*in. Wo bei uns gerade der vierte Vize­prä­sident sein Amt begonnen hat, gibt es in Ebers­walde bereits die 18. stu­den­tische Vize­prä­si­dentin. Ich finde es groß­artig, dass es in Bran­denburg dieses Amt gleich zweimal gibt und die stu­den­tische Per­spektive fester Bestandteil der Hoch­schul­leitung ist.

Nach unserem kurzen, aber äußerst pro­duk­tiven Gespräch mit dem AStA ist mein Besuch zu Ende. Es hat Spaß gemacht, zu schauen, wie es in einer anderen, ähn­lichen Hoch­schule aus­sieht. Was anders, was besser oder schlechter läuft. Ich schaffe es noch recht­zeitig zum stünd­lichen Zug nach Berlin und fahre durch die Bran­denburg-Pampa zurück nach Hause. Die nächsten acht Hoch­schulen können kommen!